Die Geschichte Schottlands beginnt mit der Besiedlung des
Landes durch
steinzeitliche
Jäger und Sammler gegen Ende der
letzten Eiszeit, also am Anfang der
Mittelsteinzeit um 10.000 v. Chr. Durch den nach der Eiszeit
steigenden Meeresspiegel wurde etwa gegen 6500 v. Chr. der
Ärmelkanal geflutet und
Großbritannien mit England und Schottland wieder zu einer Insel.
Aus der durch Viehhaltung und Bodenbearbeitung, d. h. durch die
Produktion und Bevorratung von Lebensmitteln, gekennzeichneten
Jungsteinzeit (etwa ab 4500 v. Chr) zeugen zahlreiche
Großsteingräber und
Steinkreise in
Schottland. Um 2500 v. Chr. wurde Kupfer-, später
Bronzebearbeitung bekannt, und
Glockenbecherleute gelangten ins Land. Die Bearbeitung von Eisen
kannte man ab etwa 400 v. Chr. Zu einem noch ungeklärten Zeitpunkt
kamen die
Pikten, die möglicherweise keine indoeuropäische Sprache sprachen,
nach Schottland.
Spätestens um 600 v. Chr. kamen heute als
Kelten
bezeichnete Gruppen nach Schottland. Ab etwa 200 v. Chr. errichteten
irische Zuwanderer in
Dalriada
Turmbauten in Form von
Brochs. Ab 43 n. Chr. begannen die Römer,
Britannien zu erobern, 80 n. Chr. stießen sie erstmals nach Schottland
vor, doch misslang die Eroberung. Kaiser
Hadrian ließ ab 122 den nach ihm benannten
Hadrianswall errichten, sein Nachfolger ließ den Süden Schottlands
besetzen und durch einen
weiteren Wall sichern. 209 bis 212 scheiterte ein letzter
Eroberungsversuch. Ab dem letzten Drittel des 4. Jahrhunderts stießen
Pikten, jene Einwohner Schottlands, die die Römer
Kaledonier nannten, ins römische Britannien vor. Gegen Ende des
Jahrhunderts setzte die
Christianisierung ein.
Das Andreaskreuz ist eine der ältesten Nationalflaggen
Nach dem Abzug der Römer besiedelten zunächst um 400 sukzessive
germanische Stämme und um 500 mit den
Skoten
aus Irland erneut Kelten den Süden Schottlands. Diese Skoten gaben
Schottland den Namen. In den nächsten Jahrhunderten bestanden vier kleine
Reiche in Schottland: das piktische Reich im Norden und Osten, das
gälische Reich
Dál Riata
im Westen, die
anglischen
Northumbrier im Südosten und das von romanisierten Briten getragene
Strathclyde im Südwesten. Unter dem Druck der
Wikinger,
die ab dem späten 8. Jahrhundert die Küsten plünderten und die
Orkneys
besetzten, vereinigten sich in den 840er Jahren die Königreiche der Skoten
und Pikten, während die Inseln vor der Nord- und der Westküste von
Normannen besiedelt und von
Norwegen
beherrscht wurden. Bis 1000 verdrängte das
Gälische die piktische Sprache im gemeinsamen Königreich Alba, die
Wikinger eroberten die westlichen Inseln Schottlands. In der zweiten
Hälfte des 11. Jahrhunderts setzte sich der Einfluss der römischen
gegenüber der keltischen Kirche durch, und es entstanden zahlreiche
Klöster. Der normannisch-englische Einfluss verstärkte sich, im Süden
wurde eine feudale
Lehnsordnung errichtet, die in den
Highlands jedoch nicht durchsetzbar war, wo sich die Clanstrukturen
erhielten. Zugleich nahm die Bedeutung der Städte und des Handels rapide
zu, und aus England,
Flandern
und Nordfrankreich kamen Zuwanderer mit ihren Fertigkeiten.
1174 bis 1189 wurde Schottland nach Einmischung in den englischen
Thronstreit zum englischen Vasallen, 1237 die heutige Grenze zwischen den
Königreichen anerkannt. 1266 kamen die westlichen Inseln von den Normannen
an die Schotten. Der englische König griff in den schottischen Thronstreit
ein und ernannte 1292 einen König, 1296 musste Schottland den englischen
König als Oberherrn anerkennen. Bis 1357 kam es immer wieder zu
Aufständen, die schließlich in die Unabhängigkeit mündeten. Dabei kam
Schottland ein dauerhaftes Bündnis mit Frankreich, die
Auld Alliance, zugute.
Ab 1371 stammten die schottischen Könige aus dem
Hause Stewart. 1385 stand erstmals ein französisches Heer im Land.
König
Jakob I., d. h. James I., 1406 bis 1424 in englischer Gefangenschaft,
verfocht eine Politik, die sich gegen die große Eigenständigkeit der
lokalen Herrschaften insbesondere in den Highlands und auf den westlichen
Inseln richtete. Während in England die
Rosenkriege wüteten, stand das schottische Königreich auf dem
Höhepunkt seiner Macht. 1493 erlangte der König die Herrschaft über die
westlichen Inseln.
Doch 1513 unterlag die schottische Armee den Truppen
Heinrichs VIII. von England. Für Spanien und Frankreich wurde
Schottland zu einem wichtigen Verbündeten gegen England und zu einem
Werkzeug
gegenreformatorischer Bemühungen. 1537 wurde dies durch ein
französisch-schottisches Ehebündnis besiegelt, doch 1542 unterlagen
schottische Truppen abermals.
Maria Stuart versuchte von Frankreich aus den Thron zu gewinnen, doch
scheiterte sie und wurde 1587 auf
Fotheringhay Castle hingerichtet. Ihr Sohn
James VI. wurde 1603 König von England. Er herrschte in England und in
Schottland in
Personalunion, doch behielten die Länder ein eigenes Parlament.
Verwaltungs- und Rechtswesen sowie Nationalkirche – Schottland war seit
1560
calvinistisch – blieben ebenfalls in eigener Hoheit.
Der König und der Hofstaat siedelten von
Edinburgh nach London um. Währenddessen kam es in Schottland zu
religiös motivierten Unruhen, die sich gegen den englischen Einfluss
richteten, woraufhin der König 1640 das Parlament einberief, um die
Finanzierung des Kampfes gegen die schottische Kirche zu sichern. In
England kam es zum Umsturz. König
Karl I. geriet in schottische Gefangenschaft, doch er lehnte es ab,
die
presbyterianische Kirche in England einzuführen. Daher übergaben die
Schotten ihren König an die
Puritaner; er wurde 1649 hingerichtet. Daraufhin wurde in Schottland
letztmals ein König gekrönt, nämlich
Charles II. Infolgedessen besetzte
Oliver Cromwell Schottland. 1660 sagte der zurückgekehrte König jedem
Religionsfreiheit zu, woraufhin er in London wieder König beider Reiche
wurde. Gegen die Wiedereinführung der Bistümer kam es jedoch in Schottland
zu Aufständen. Die Verfolgung der Presbyterianer erreichte 1681 bis 1689
ihren Höhepunkt, König
Jakob II. versuchte England zu rekatholisieren. Er wurde 1688 in der
Glorreichen Revolution abgesetzt.
Das schottische Parlament erkannte nun den als König berufenen
protestantischen
Wilhelm von Oranien als König an. Er ließ die Clanführer des Hochlands
einen Treueeid schwören. Die
Jakobiten blieben Stuart-Anhänger, die sich in England, Irland und vor
allem in Schottland nach ihrem ehemaligen König Jakob benannten. 1689 kam
es zum Aufstand der katholischen Royalisten, 1692 zu einem Massaker an
einem der schottischen Clans. Die Gelegenheit zur Vereinigung der
Königreiche rückte mit einem gescheiterten kolonialen Siedlungsunternehmen
in Mittelamerika und dem dadurch drohenden Staatsbankrott in greifbare
Nähe, denn Schottland suchte aus wirtschaftlichen Gründen die Nähe zu
London. 1701 untersagte das englische Parlament Katholiken, ein Staatsamt
zu bekleiden, und es verlangte einen protestantischen Thronfolger aus dem
Haus Hannover. 1707 wurde England, das die Schulden übernahm, mit
Schottland vereint; 1715, 1719 und 1745 kam es zu Jakobitenaufständen in
Schottland. An strategisch wichtigen Punkten wurden englische Besatzungen
in Festungen gelegt. Die am Aufstand Beteiligten flohen ins Ausland oder
wurden hingerichtet.
Mit Öffnung des Zugangs zum britischen Weltmarkt kam es zu einer Phase
wirtschaftlicher Prosperität und zur Schottischen Aufklärung. Eine der
Grundlagen war die rücksichtslose Räumung vieler schottischer Gebiete, vor
allem in den Highlands und auf den Inseln, um dort Schafe zu züchten,
während die heimatlos Gewordenen auswandern mussten oder in die Städte des
Südens strömten. Daraus entwickelte sich ein Proletariat, das die
Grundlage der
industriellen Revolution bildete, die aus dem Süden eine
Industrieregion machte.
Glasgow
wuchs mit der Industrialisierung, während sich Edinburgh zum Kulturzentrum
entwickelte. Der Niedergang der Fischerei und der Schwerindustrie setzte
in den Nachkriegsjahren ein, das vor der Küste gewonnene Öl schuf neue
Abhängigkeiten und Ungleichheiten. 1997 stimmten in einer Volksabstimmung
vier Fünftel der Wahlberechtigten für den Autonomiestatus des Landes, 2014
fand eine
Abstimmung über die Unabhängigkeit statt, bei der 55,3 % der Wähler
die Unabhängigkeit Schottlands ablehnten.
-
1
Urgeschichte
-
2 Die Römer
im Süden Schottlands, Eroberungsversuche (1. bis 4. Jahrhundert)
-
3
Christianisierung (ab etwa 400)
-
4 Vier
Königreiche, vier Ethnien: Piktenreich, Dál Riata, Strathclyde,
Bernicia
-
5
Skandinavische Normannen, Iren
-
6 Schottische
Einheit und Unabhängigkeit
-
7 Union mit
England
-
8 Die
Schottische Aufklärung
-
9
Industrialisierung, irische Zuwanderung, Clearances
-
10
Arbeitskämpfe, Niedergang der Schwerindustrie, Autonomiestatus
-
11 Siehe auch
-
12
Quelleneditionen
-
13 Literatur
-
14 Weblinks
-
15
Anmerkungen
Urgeschichte
Jäger und Sammler (ab etwa 10.000 v. Chr.)
Menschliche Spuren aus der Zeit vor der
letzten Kaltzeit fanden sich in Schottland nicht, doch schon vor der
jüngeren Dryaszeit, also vor etwa 10.730 v. Chr., tauchten solche
Spuren im englischen
Creswell Crags auf, die, folgt man genetischen Untersuchungen, auf
Zuwanderung aus dem östlichen Balkangebiet im Mündungsbereich der Donau
zurückgehen, und zwar über Friesland auf dem noch vorhandenen Landweg
Um 16.000 v. Chr. erreichte die Vereisung
Britanniens, das zu dieser Zeit noch eine Halbinsel darstellte und
über die heutige Nordsee erreichbar war, ihren Höhepunkt. Zu dieser Zeit
dürfte Schottland noch für Menschen unzugänglich gewesen sein.
Die einzige
altsteinzeitliche Fundstätte in Schottland ist Howburn, das bei
Biggar in
South Lanarkshire liegt. Das Lager für Steinwerkzeuge mit über 800
Artefakten wurde 2005 wohl beim Pflügen entdeckt Eine genaue
Altersbestimmung ist nicht möglich, doch lassen die Steinwerkzeuge eine
ungefähre Datierung auf die Zeit um 12.000 bis 10.000 v. Chr. zu
Die Werkzeuge haben Ähnlichkeiten zu denen der späten
Hamburger Kultur, aber auch zu skandinavischen Funde,
was die aus genetischer Perspektive geäußerte Vermutung über eine
nordwesteuropäische Zuwanderung bestätigen würde. In den Küstenregionen
des Westens und Nordens erfolgte hingegen eine Zuwanderung aus dem
Pyrenäengebiet Spaniens, von wo Jäger und Sammler der sich mit den
Eismassen zurückziehenden Tundrenlandschaft und ihrem Beutespektrum
folgten.
Um 9500 v. Chr. schmolzen die letzten Eismassen ab, wobei dieser
Vorgang sich über weniger als ein Jahrhundert erstreckte
Die fast
vegetationslose Landschaft, die das Eis zunächst hinterließ, wurde in
einem langen Prozess von
Moosen und
Flechten,
Gräsern,
Büschen und Bäumen zurückgewonnen. Die ersten Bäume waren
Birken,
die um 7800 v. Chr. aus dem Süden zurückkehrten
Um 3000 bis 2000 v. Chr. dürfte selbst das im Atlantik gelegene, noch zu
Schottland gehörende
St. Kilda von Bäumen bewachsen gewesen sein. In vielen Gegenden waren
die Wälder so dicht, dass Menschen nur an ihren Rändern leben konnten. Sie
dürften sich über Flüsse und Seen, wohl auch entlang der Küste bewegt
haben oder oberhalb der Baumgrenze, die bei etwa 600 bis 700 m gelegen
haben dürfte
Im
Mesolithikum, der Mittelsteinzeit, die durch nacheiszeitliche Jäger-
und Sammlerkulturen definiert ist, fanden sich die zweitältesten Spuren
menschlicher Tätigkeit. Ähnlich bedeutend für das tägliche Überleben wie
Jagdbeute waren Wurzeln und Beeren, aber auch
Haselnüsse, von denen sich auf
Colonsay,
das zu den
Inneren Hebriden zählt, ein Lager von 30.000 bis 40.000 Stück fand
Die frühesten Bewohner lebten in Höhlen und hölzernen Hütten,
fellbespannte Gestelle boten Schutz vor Wind und Regen bei längeren
Jagdexpeditionen. Die frühen Bewohner stellten steinerne Beile, Kratzer,
Klingen und Messer her und verbanden sie mit Holz oder Geweih zu
Kompositwerkzeugen. Mehr als zwanzig Fischarten und über dreißig
Vogelarten ließen sich als Teil der mesolithischen Speisekarte belegen.
Hinzu kamen Meeressäugetiere,
Hirsche
und
Wildschweine.
Glenbattrick auf
Jura konnte auf etwa 8030 v. Chr. datiert werden und galt damit bis
2008 als älteste Fundstätte
Bis 2009 galt das 2001 entdeckte
Cramond bei Edinburgh, um 8500 v. Chr. ein temporäres Lager, als älteste
Stätte.
2009 wurde mit Howburn die erste altsteinzeitliche Stätte entdeckt.
Die älteste nachweisbare Siedlung lag bei Kinloch auf
Rùm. Sie bestand um 7700 bis 7500 v. Chr. Zwischen dem sechsten und
vierten Jahrtausend v. Chr. lebten immer noch Fischer, Jäger und Sammler
in Schottland, vor allem auf Inseln wie zum Beispiel Rùm,
Oronsay oder in den Küstenregionen, an Flussläufen oder am Fuß
schützender Berghänge. Eine Siedlung bei
Inverness wurde um 6200 v. Chr. durch einen
Tsunami
zerstört, als ein
Kontinentalhang im norwegischen
Storegga
abrutschte.
In Schottland existierte keine erreichbare Lagerstätte des glasartigen,
vulkanischen Gesteins
Obsidian,
das für die Werkzeugproduktion von größter Bedeutung war („Feuerstein“).
Daher wich man auf den gleichfalls geeigneten
Pechstein aus, der allerdings nur auf der Insel
Arran erreichbar war. Es ließen sich drei Verteilungszentren auf dem
Festland nachweisen, in denen eine extreme Fundhäufung auf einer Fläche
von vielleicht 10 km mal 10 km auftritt. Diese Zentren lagen um Biggar in
South Lanarkshire, um Glen Luce in
Dumfries
und um
Ballygalley im nordirischen
Antrim. Im schottischen
Argyll
und Bute fand
sich eine einzige, sehr große Lagerstätte. Wahrscheinlich hatten deren
Bewohner und die Leute von Arran selbst als einzige freien Zugang zu dem
seltenen, aber wertvollen Material, das von hier aus Eingang in ein
weiträumiges Handels- und Tauschnetz fand.
Neolithikum (ab 4500 v. Chr.)
Midhowe
Broch auf den Orkneyinseln
Das
Neolithikum (Jungsteinzeit) brachte ab etwa 4500 v. Chr. den Übergang
von Jagen und Sammeln zu Bodenbebauung und Viehhaltung, also den Übergang
zur Produktion von Lebensmitteln. In
Balbridie in
Kincardineshire und Claish Farm in
Stirlingshire wurden die Überreste von hölzernen Langhäusern des
Frühneolithikums gefunden.
Die Menschen lebten in Holzhäusern mit Lehmbewurf, hielten Rinder, Ziegen,
Schweine, Schafe und Hunde. Im Sommer zogen sie zum Fischen an die Küste,
an Wasserläufe oder Seen. Fischplätze aus der Zeit um 4000 v. Chr. fanden
sich an der Argyll-Küste.
Die Menschen stellten
Tonwaren
her, die sie zum Kochen und zum Lagern von Lebensmitteln nutzten. Auf den
Äußeren Hebriden und auf
Orkney
ist das früheste Neolithikum mit der
Unstan Ware verbunden. Hier wurden auch Gebäude aus Stein (Barnhouse)
erbaut, wie in der Zeit des Mittelneolithikums, die mit der so genannten
Grooved Ware verbunden ist.
Dreghorn in der Grafschaft
Ayrshire
könnte sich aufgrund von Grooved Ware aus der Zeit um 3500 v. Chr. als der
älteste, durchgängig bewohnte Ort Großbritanniens erweisen.
Steinkreis von
Callanish, die größte Steinformation der Megalithkultur
auf den Britischen Inseln, Isle of Lewis
Maes Howe, Grabhügel auf Mainland, Orkney Islands
Dwarfie Stane (Dwarf's Stone) auf der Insel Hoy, Orkney
Islands. Ein riesiger Monolith bildet den Eingang.
Ihre Toten setzten die Bewohner in
Hügelgräbern,
Steinkammern oder unterirdischen, aus Stein gemauerten Gräbern bei. Im
Isbister Cairn auf
South Ronaldsay, einer der Inseln der Orkneygruppe, fand man etwa 340
Tote, die zwischen 3200 und 2800 beigesetzt worden waren. Die
durchschnittliche Größe der erwachsenen Männer lag bei 1,70 m, die der
Frauen bei 1,63 m. Vielfach waren die Stirnen der Frauen von Tragebändern
deformiert, da sie offenbar schwere Lasten getragen hatten. Viele der
Bewohner hatten Verletzungen erlitten, so dass nur wenige über 50 Jahre
alt wurden, davon keine einzige Frau. Auf
Papa Westray, einer kleinen Insel der Orkneygruppe, fand man Überreste
zweier Häuser, die dort zwischen 3600 und 3100 v. Chr. bewohnt und aus
Stein errichtet worden waren, vermutlich weil es auf der Insel fast keine
Bäume gab. Eine hierarchische Gliederung der Gesellschaft lässt sich hier
nicht erkennen.
Die Siedlung
Skara
Brae wurde auf 3100 bis 2450 v. Chr. datiert.
Ähnlich wie Rinyo auf
Rousey, also den
Orkneyinseln,
wies der Ort Überreste eines Entwässerungssystems aus Birkenrinde auf.
Vorratskisten für Fisch wurden in Kellern entdeckt. Geheizt wurde offenbar
mit Torf, es
fanden sich Bettkästen, Regale und einfache Schränke. Die Dächer wurden
wohl von Treibholz oder Tierknochen getragen, die Häuser waren in den
Boden vertieft. Reste von
Sumpf-Schwertlilien deuten auf erste Medizinalien hin, ebenso wie
Bauchpilze. Erstere könnten bei Verdauungsproblemen hilfreich gewesen
sein, letztere wurden bis ins 19. Jahrhundert bei blutenden Wunden
eingesetzt.
Rätsel geben nach wie vor die
Steinkreise oder
Henges aus
Megalithen auf, wie der
Ring of Brodgar mit einem Durchmesser von 104 m oder die
Stones of Stenness (beide auf Orkney, wo sie zusammen mit Skara Brae
als
The Heart of Neolithic Orkney seit 1999 zum Weltkulturerbe zählen)
oder die Steinformationen von
Callanish auf der
Isle of Lewis. Dort umstehen 13 aufgerichtete Großsteine einen
mittleren Stein, der fast 5 m hoch ist. Bis zu 80 m lange Steinreihen
bilden ein riesiges Kreuz. Im inneren Kreis befindet sich ein Grab. Diese
Stätten, zwischen 3000 und etwa 2500 v. Chr. errichtet, werden häufig als
Kalender
interpretiert. So ergibt am Ring von Callanish die Mondumlaufphase alle
18,6 Jahre eine mögliche astronomische Konstellation. Von der dortigen
Prozessionsstraße aus gesehen, erweckt der Mond über den umliegenden
Hügeln den Eindruck, als ginge er in dem Steinkreis unter.
Die „Gray Cairns of Camster“ im Nordosten Schottlands, unweit
von
Wick
Ab etwa 3000 v. Chr. entstanden die Großsteingräber,
Cairns genannt, vermutlich Kollektivbestattungsorte für die
Führungsschicht einer ganzen Siedlung oder
Siedlungskammer. Die Grabkammern wurden mit Hügeln aus Erde oder
Steinen bedeckt. Beispiele dieser Gräber sind
Maes
Howe Cairn auf Orkney, die „Gray
Cairns of Camster“ südwestlich von
Wick in der Region
Caithness und die
Clava Cairns bei
Culloden in der Nähe von
Inverness.
Die größte zeremonielle neolithische Stätte der Britischen Inseln ist
der
Ness of Brodgar auf der Hauptinsel der Orkneys, auf
Mainland. Die seit 3200 v. Chr. errichtete Stätte wurde um 2600 v.
Chr. stark ausgebaut, und es entstand ein tempelartiges Gebäude. Dieses
als Structure 10 bezeichnete Bauwerk ist 25 m lang und 20 m breit
und war Teil einer erheblich größeren, ummauerten Anlage. Es fand sich
ausschließlich neolithische Keramik, jedoch keinerlei bronzezeitliche.
Unter großen Feierlichkeiten – es fanden sich Überreste von etwa 600
Rindern, die offenbar der Bewirtung von Tausenden Besuchern gedient
hatten, sowie ein einzelner Hirsch – wurde die Anlage um 2300 v. Chr.
aufgegeben
Bronze- und
Eisenzeit
Prähistorische Stätten
Jarlshof auf den Shetlandinseln
Verbunden mit der in ganz Westeuropa verbreiteten
Glockenbecherkeramik, kamen ab 2500 v. Chr. neuartige Techniken,
insbesondere die
Kupfer-
und
Bronzebearbeitung, landwirtschaftliche Methoden und soziale
Strukturen, nach Schottland.
Gerste
und
Emmer waren weiterhin das Grundnahrungsmittel, die von Lesesteinmauern
umgrenzten Äcker wurden mit Ards, von Ochsen gezogenen einfachen
Holzpflügen, bearbeitet.
In der
Bronzezeit entstanden in der Border- und Grampianregion, die sich von
den Highlands etwas unterscheidet, die liegenden Steinkreise (Recumbent
Stone Circles, z. B.
Loanhead of Daviot, in
Aberdeenshire) und gegen Ende der Bronzezeit die
Hillforts.
Der regelmäßige Fernhandel über die Flussläufe lässt sich durch für den
Handel von sperrigen Gütern gebaute Boote belegen, wie etwa den um 1000 v.
Chr. entstandenen
Carpow-Einbaum oder den um 1400 v. Chr. entstandenen Einbaum, der im
Trent entdeckt wurde. Die Dörfer wurden ab etwa 600 v. Chr. befestigt.
Diese Anzeichen von Unsicherheit und Bedrohung gehen möglicherweise auf
den Zuzug von
Kelten zurück, die nach historischen Quellen zwischen 700 und 500 v.
Chr. einwanderten. Die vielleicht ab etwa 2000 v. Chr. als Handelssprache
entstandene keltische Sprachgruppe umfasste eine Vielzahl von Völkern in
ganz Europa und Vorderasien.
In der Bronzezeit und in der darauf folgenden
Eisenzeit (etwa 400 v. Chr.–200 n. Chr.) spielten die Fertigkeiten in
der Metallverarbeitung eine wichtige Rolle. Sie veränderten die Formen des
Schmucks, des Hausrats und der Waffen. Letztere wurden nicht mehr nur für
die Jagd benutzt, sondern auch im Kampf. Vor allem aber erlaubten die
eisernen Werkzeuge eine leichtere Abholzung und Gewinnung von Boden für
den Getreideanbau. Hingegen nutzten die Kelten nur wenig die Möglichkeiten
der Schrift, so dass sich bei ihnen Wissen nur über die mündliche
Überlieferung auf die folgenden Generationen übertragen ließ. Ende des 2.
Jahrhunderts legten die Kelten im Süden Englands Münzen auf, jedoch blieb
es in Schottland beim Tauschhandel.
Verbreitungsgebiet der Brochs in Schottland
Überreste von mehr als 500 Turmbauten in Form von
Brochs belegen einen starken
irischen
Einfluss im nordwestlichen und nordöstlichen Schottland. Um 200 v. Chr.
bis 150 n. Chr. wurden die erst später Broch genannten Türme erbaut.
Anlagen in exponierter Höhenlage, so genannte Hillforts,
demonstrierten in der Borderregion (Dunnideer)
durch ihre gewaltigen Ausmaße die Bereitschaft der Bevölkerung, auch nach
der oft nur regionalen Christianisierung ihre alten Kultplätze zu
bewahren. Es entstanden
Piktensteine, aber zunehmend auch
Cross
Slabs genannte Kreuzsteine, die etwas anders als
Keltenkreuze aussehen und neben dem Kreuz vorchristliche Motive im
Tier- und Knotenstil zeigen. In Ortsnamen sind diese Brochs, die die alte
gälische Bezeichnung
Dun oder Carn
im Namen führen, heute noch neben den Überresten präsent. Bestes Beispiel
ist der Name
Edinburgh, der sich aus der alten keltischen Bezeichnung ‚Dun Eidyn‘
entwickelt haben soll.
Cross Slab in Aberlemno, Angus, auf dem eine Schlacht
dargestellt ist
1996 wurde einer der wenigen Hinweise auf Schmelzöfen für Eisen bei
Inverness entdeckt. Die Kohlereste konnten auf die Zeit zwischen 180 v.
Chr. und 70 n. Chr. datiert werden.
In der Nachbarschaft ließ sich die Herstellung von Bronzeschwertern
belegen sowie die Bearbeitung von Kupferlegierungen. Folgt man
Cassius Dio (150–235), so aßen die Kelten im Norden und in der Mitte
Schottlands trotz des reichhaltigen Angebots keinerlei Fisch, sondern
zogen Fleisch vor.
Handelskontakte zwischen irischen und schottischen Kelten bestanden
spätestens um 250 v. Chr., wie etwa ein Trinkhorn, verziert im irischen
Stil, belegt. Um 150 v. Chr. gelangten, nachdem über lange Zeit keltische
Gruppen wohl nur eingesickert waren, belgische Kelten in den Südosten
Englands und breiteten sich bis zum
Humber aus.
Tacitus
hielt die
Caledonii für Abkömmlinge von
Germanen,
sie hatten demnach blaue Augen und rote Haare. Sie färbten sich für den
Kampf mit
Waid
blau, wie
Caesar im Gallischen Krieg (V, 14) berichtete, um mit ihrem Aussehen
Schrecken zu verbreiten. Frauen griffen ebenfalls in die Kämpfe ein, wie
sie insgesamt deutlich besser gestellt waren als die nichtkeltischen
Frauen. Sie übten Berufe aus, konnten Königin werden, hatten
gleichberechtigten Zugriff auf das gemeinsame Ehevermögen, waren
erbberechtigt, durften nicht gegen ihren Willen verheiratet werden und
suchten sich ihre Ehemänner wohl selbst aus.
Cassius Dio berichtet, die Brüder oder auch Väter und Söhne der
schottischen Caledonii und Maeatae würden sich ihre Frauen teilen und dass
diese die Kinder gemeinsam aufziehen. Zur Führungsgruppe zählten neben den
Landbesitzern und Kriegern
Druiden,
die ihre Kunst zwanzig Jahre lang erlernten, Seher, die sich ihre
Fertigkeiten über zwölf Jahre aneigneten, und Barden. Unbekannt ist, ob es
auch weibliche Druiden gab, sicher gab es aber unter den Sehern und
Königen Frauen. Die Gesellschaft war insgesamt stärker geschichtet. Das
Ansehen der Bauern hing von der Größe ihrer Herden ab, hinzu kamen
Handwerker, die oftmals gleichfalls in hohem Ansehen standen. Weniger
bedeutende Handwerker oder Kleinbauern, auch wenn sie Freie waren, wurden
in politischen Angelegenheiten nicht gefragt, noch weniger die Sklaven.
Letztere waren meist Kriegsgefangene, Schuldner oder waren von
Sklavenhändlern herbeigebracht worden.
Der erste, der aus eigener Anschauung das heutige Schottland kannte und
in schriftlicher Form darüber berichtete, war
Pytheas
von Massalia (heute:
Marseille), der um 325 v. Chr. Nordeuropa bereiste. Die Reise ist,
außer bei Strabo und Plinius, bei
Diodor
überliefert, wobei hier die Bezeichnung Orkas bzw. Orca für die Hauptinsel
der Orkneys auftaucht.
Die antiken Autoren liefern jedoch nur Zitate aus dem verlorengegangenen
Werk des Pytheas.
Die Römer im Süden Schottlands, Eroberungsversuche (1. bis 4. Jahrhundert)
Der 120 km lange
Hadrianswall war die Grenze zwischen Schottland und dem
Römischen Reich
Das römische Gebiet zwischen Hadrians- und Antoninuswall
Julius Caesar unternahm während seiner
Eroberung Galliens im August 55 v. Chr. als erster römischer Feldherr
eine
Expedition auf die
Britischen Inseln, da er vermutete, dass die Gallier von britischen
Kelten unterstützt wurden. Er kehrte im Juli des folgenden Jahres zurück,
doch verbündeten sich die Kelten diesmal unter
Cassivellaunus. Dieser hatte jedoch den Vater des
Mandubracius getötet, der einige Stämme auf die römische Seite zog.
Der folgende Sieg Caesars kam gerade zur rechten Zeit, denn er musste noch
im September eilig nach Gallien zurückkehren. Obwohl er letztlich
scheiterte, begann im 1. Jahrhundert die Romanisierung der Briten. Zu Ende
des Jahrhunderts prägten die Häuptlinge im Süden bereits ihre Münzen nach
römischem Vorbild.
Im Jahre 43 n. Chr. eroberten die
Römer unter Kaiser
Claudius
den südlichen Teil Britanniens; es entstand die römische Provinz
Britannia. Wie so oft wollten sie einen der lokalen Machthaber, in
diesem Falle den vertriebenen
Verica,
der nach Rom gekommen war, unterstützen. Vier Legionen, davon drei vom
Rhein, dazu Hilfstruppen, insgesamt 40.000 Mann und 15.000 Tiere, setzten
im Frühsommer über den Kanal. Der Befehlshaber
Aulus Plautius zog auf die bedeutendste Stadt
Camulodunum. Der Kaiser selbst wurde verabredungsgemäß um Hilfe
gebeten, und in den 16 Tagen seiner Anwesenheit konnte die Stadt erobert
werden. Er und sein zwei Jahre alter Sohn
Tiberius (41–55) erhielten den Titel Britannicus.
Möglicherweise löste dieser Feldzug eine Fluchtwelle aus, die sicher bis
nach Wales reichte, vielleicht auch bis auf die Orkneyinseln.
Möglicherweise baten die dorthin Geflohenen um römischen Schutz vor ihren
Nachbarn. Diese Annahme bestätigt ein archäologischer Fund, denn eine
einzelne römische
Amphore,
die auf den Inseln entdeckt wurde und die in dieser Art nur vor 60 n. Chr.
hergestellt wurde, ist das einzige Exemplar dieser Art nördlich von
Esses.
Cartimandua führte eine Stammeskoalition, die zeitweise eine Art
Pufferzone zwischen dem römischen und dem keltischen Britannien bildete.
Die
Geschichte Britanniens ist von einer kontinuierlichen Expansion
römischen Einflusses gekennzeichnet. Er dehnte sich vom Süden ausgehend
nach Wales
aus, aber auch nach Schottland, das die Römer Caledonia nannten.
Sie betrachteten das spätere England und Schottland beinahe als zwei
Inseln, die durch eine Landbrücke verbunden waren.
Auch auf der
Hereford-Karte aus dem 13. Jahrhundert sind England und Schottland
noch als getrennte Inseln dargestellt.
Die Feldzüge der Römer in den Jahren 78 bis 84 Richtung Wales,
Nordengland und Schottland
Ab 80 n. Chr. gelang dem römischen Statthalter Britannias
Gnaeus Iulius Agricola ein Vorstoß bis ins heutige östliche und
nördliche Schottland, wobei er keltische Truppen gegen die
Kaledonier einsetzte. Entlang seiner Eroberungsroute baute Agricola
eine Reihe von Lagern und Stützpunkten, von denen eine Reihe von
Grundrissen zeugt. 84 schlug Agricola in der
Schlacht am Mons Graupius, einem nicht genau lokalisierbaren Ort, die
erstmals vereinten Stämme der Kaledonier vernichtend.
Nach den Beschreibungen des
Ptolemäus liegt das Schlachtfeld an der Nordostküste Schottlands. Die
Kaledonier zogen mit Streitwagen in die Schlacht; 2003 fand man einen von
ihnen in Ost-Yorkshire, einem Gebiet, das die
Parisii bewohnten. Der Wagen wurde auf die Zeit zwischen 500 und 400
v. Chr. datiert und hatte Räder von einem Meter Durchmesser. Da diese Art
von Kampftechnik auf dem Kontinent längst aufgegeben und vergessen worden
war, sorgte sie für Verwirrung, als sie den Truppen Caesars erstmals
begegnete (Bellum Gallicum, IV, 33). Zudem enthaupteten die Pikten ihre
Feinde, wie ein Fund von Skeletten in der Sculptor’s Cave am
Moray Firth belegt, eine Stätte, die bis um 600 in Gebrauch war. Die
Enthaupteten konnten auf die Zeit zwischen 231 und 395 datiert werden.
Agricola ließ schon während seiner Feldzüge Kastelle, vor allem im Land
der
Selgovae, und Straßen bauen, um das eroberte Gebiet zu sichern. Keine
militärische Sicherung erfolgte jedoch im Gebiet der
Novantae,
Damnonii und
Votadini, mit denen Rom anscheinend nicht im Krieg lag. Doch nachdem
Agricola im Jahr 84 vom Kaiser abberufen worden war, wurden die
Bauarbeiten am Lager
Pinnata Castra (Inchtuthil)
aufgegeben, ebenso wie die Befestigungsanlagen entlang der Gask Ridge in
Perthshire, der Grenzlinie zu den Highlands. Rom genügte offenbar eine
formelle Unterwerfung.
Kaiser
Hadrian wollte nach seinem Besuch auf der Insel ein Bollwerk errichten
lassen. So ließ er ab 122 den mit Wachtürmen, Kastellen und Forts
verstärkten
Hadrianswall auf der
Tyne-Solway-Linie
(dicht an der heutigen englisch-schottischen Grenze) errichten. 138, nur
wenige Monate nach Hadrians Tod, sandte sein Adoptivsohn und Nachfolger
Antoninus Pius seinen neuen Gouverneur
Quintus Lollius Urbicus aus, um das südliche Schottland wieder zu
besetzen und 160 km weiter nördlich einen neuen Grenzwall an der engsten
Stelle der Provinz, dem
Isthmus zwischen
Firth of Forth und
Firth of Clyde, zu bauen. Es entstand ein Erdwall mit Wachtürmen und
Forts und die nördlichste Verteidigungsanlage des Imperiums. Von diesem
Antoninuswall sind noch zahlreiche Spuren zum Beispiel in
Falkirk
zu sehen. Viele der von den Römern vormals gebauten und bei ihrem Abzug
geschleiften Forts und Straßen wurden wiederhergestellt. Um 142 war der
Süden des heutigen Schottland wieder römisch. Der neue Befestigungswall
erfüllte bis 183 seine Aufgabe, musste dann jedoch aufgegeben werden. Um
197 wurde er nochmals in Besitz genommen. Doch bereits seit 142 kam es
trotz der Schutzwälle immer wieder zu Übergriffen auf römisches
Territorium. Die Angreifer waren keinesfalls Angehörige eines einzelnen
Stammes, wurden von den Römern aber mit dem Sammelbegriff
Pikten
belegt.
Einige Jahrzehnte lang zogen sich die römischen Legionäre hinter den
Hadrianswall zurück, kamen aber 209 unter Kaiser
Septimius Severus zu einem dritten Vorstoß wieder weiter nach Norden.
209 behauptete der Kaiser, von den
Maeatae provoziert worden zu sein, und schickte zahlreiche Legionäre
und Hilfstruppen nordwärts.
Erst massive Verluste, Cassius Dio spricht von 50.000 Mann, zwangen die
Römer, von dem Vorhaben abzulassen.
Während der Vorbereitungen zu einem zweiten Feldzug starb Kaiser Septimius
Severus 211 in
Eburacum (York), sein Sohn
Caracalla gab die Eroberungspläne 212 auf. Mit welcher Verachtung die
Römer die Menschen jenseits des Hadrianswalls betrachteten, die sie mit
mehreren brutalen Kriegen überzogen hatten, zeigen die
Vindolanda-Tafeln, in denen die Pikten als „Brittunculi“ bezeichnet
wurden. Auf diesen Holztafeln des 1. und 2. Jahrhunderts aus dem
nordbritannischen
Vindolanda erfahren wir erstmals von Vorgängen und Haltungen wie
insgesamt von der Kultur des Grenzraums.
367 bis 370 erfolgten erste massive Angriffe von Pikten über den
Hadrianswall auf die römischen Garnisonen. General Fullofaudes fiel in
Gefangenschaft, während Franken oder Sachsen die römischen Provinzen
weiter im Süden angriffen.
Gleichzeitig mit dem Niedergang des Römischen Reichs begann sich 383 die
212 geteilte Provinz Britannia aufzulösen. Die Truppenstärke in Britannia
wurde bald drastisch reduziert, was von den Pikten aus Schottland, den
Skoten
aus
Irland und keltischen Stämmen aus dem westlichen Britannien zu
Raubzügen genutzt wurde. Als
Magnus Maximus, im Jahr 383 von seinen Soldaten zum Kaiser erhoben,
nach Gallien übersetzte, wurde die Provinz weiter geschwächt; als er 384
ohne Erfolg zurückkehrte, musste er Pikten und Skoten abwehren.
Um 400 zogen die Legionen aus Britannien ab, um die Rheingrenze zu
sichern. Um diese Zeit setzte mit dem
hl. Ninnian die christliche Missionierung ein. Er soll um 397 als
Bischof in
Whithorn
residiert haben.
Christianisierung (ab etwa 400)
Der Cat Stane ist mit seiner lateinischen Inschrift
eines der ältesten christlichen Zeugnisse in Schottland. Er
befindet sich auf dem Gelände des Flughafens von Edinburgh und
ist nicht öffentlich zugänglich.
Riasg Buidhe Cross, ein Kreuz aus dem 8. Jahrhundert
Fast gleichzeitig mit der Auflösung der römischen Macht setzte die
Christianisierung Schottlands ein, während sie südlich des
Hadrianswalls sicherlich sehr viel früher begann.
Diese Religion war schon durch christliche Römer in die Provinz gebracht
worden und sickerte von daher in das tägliche Leben der Briten, Gaelen und
südlichen Pikten ein. An den südlichen Küsten des heutigen Schottland
bekehrten zunächst wohl irische Mönche die Kelten.
Whithorn am
Solway Firth wurde der Legende nach 397 unter
St. Ninian – durch Transkriptionsfehler ist wahrscheinlich dieser Name
aus Uinniau entstanden
– zum Zentrum der Mission in Schottland. Doch den entscheidenden Impuls
gab ein anderer Missionar. Der Anfang des 5. Jahrhunderts aus der Region
des heutigen
Glasgow
nach Irland entführte
Patrick
konnte fliehen. Er kam in Frankreich zum Christentum, wurde zum Bischof
erhoben und im Jahre 432 von Papst
Coelestin I. auf Grund seiner Sprachkenntnisse nach Irland gesandt.
Dort missionierte er und legte die Basis für eine christlich geprägte
Kultur, die vielfach als
keltische Kirche bezeichnet wird. Dieser iroschottischen Mission ist
auch der heilige
Columban zuzurechnen, der von
Iona seine Missionare ausschickte. 563 landete der aus einem irischen
Königshaus stammende Mönch mit einer kleinen Schar Mönche auf der
Hebrideninsel Iona. Er kam zu seinen gälischen christlichen Landsleuten in
Dalriada,
und wahrscheinlich christianisierte er von dort aus auch Teile von
Westschottland. Um mit den Pikten Kontakt aufnehmen zu können, brauchte er
allerdings einen Dolmetscher, wie
Adomnan von Iona in seiner Biographie des heiligen Columban schreibt.
Der Einfluss Ionas weitete sich zudem nach Süden und über die Grenzen aus.
Zu Patricks Zeit lassen sich nur Gemeinden in Galloway, Clydesdale,
Lothian und Fife nachweisen.
St. Aidan wurde einer von Columbans Nachfolgern. Von Iona kommend,
gründete er mit Hilfe des
northumbrischen Königs
Oswald das Kloster
Lindisfarne auf einer vor der Ostküste Englands gelegenen Insel (Holy
Island bei
Newcastle). Lindisfarne wurde die Urzelle mehrerer späterer Klöster
wie Hartlepool und Whitby im Nordosten Englands, wo
Hilda von Whitby Äbtissin war. Lindisfarne und Hartlepool
beeinflussten auch
Bonifatius.
Vier Königreiche, vier Ethnien: Piktenreich, Dál Riata, Strathclyde,
Bernicia
Die Britischen Inseln um 802
Zu der Zeit, als die
Pikten
297 zum ersten Mal unter diesem Namen auftauchten, bewohnten sie das Land
nördlich vom heutigen
Stirling
und
Aberfoyle.
Einige der Stammesnamen sind von
Ptolemäus, dem
alexandrinischen Geographen und Schwiegersohn
Agricolas, überliefert worden, darunter Caledonii, Maeatae und
Verturiones. Die römischen Legionen belegten aber – für die Nachwelt nicht
sehr aufschlussreich – der Einfachheit halber alle ihre nördlichen Feinde
mit dem gleichen Namen, nämlich dem des mächtigsten keltischen Stamms im
1. Jahrhundert n. Chr. – den
Kaledoniern. Deren Gebiet lag um den Berg
Schiehallion im Zentrum des heutigen Schottland und um ihren
Stützpunkt
Dunkeld herum.
Eumenius
setzte 297 Caledonii und Picti gleich, ebenso
Ammianus Marcellinus.
Mitte des 6. Jahrhunderts unterschied man zwei Gruppen, von denen die
nördliche zwischen den
Grampian-Bergen und den Shetlandinseln, die südliche zwischen
Loch
Fyne und
Aberdeenshire siedelte.
Nach 500, so die nicht mehr unumstrittene Annahme, kamen Kelten (Scoti)
aus dem irischen
Ulster.
Diese gälischsprachigen Iren siedelten sich im heutigen
Argyll im
Westen an, das sie eroberten, ohne ihre Herkunftsgebiete aufzugeben.
Sie gründeten dort im 6. Jahrhundert das Königreich
Dalriada
(Dál Riata). Unter König
Aidan Mac Gabhráin (etwa 574 bis 608) kam es zu Raubzügen nach
Man
und zu den Orkneys (um 580), doch unterlag er 603 bei Daegsastan, dessen
Lage nicht bekannt ist, gegen die Angelsachsen. Die Pikten besiegte er
zunächst um 590 bei Leithri, unterlag aber 598 bei Circin. Im Westen
Schottlands spielten dabei Schiffe vom Typ
Berlinn oder Birling, auch West Highland Galley genannt, eine
wichtige Rolle, ein Langschiff, das sowohl gerudert als auch gesegelt
wurde.
Im
Frühmittelalter existierten in Schottland vier kleine Reiche: das
piktische Reich im Norden und Osten, das gälische Reich Dál Riata
im Westen, die
anglischen Northumbrier von
Bernicia
im Südosten (der Legende nach ist der Angelnkönig
Edwin der Namensgeber von
Edinburgh) und das von romanisierten Briten getragene Strathclyde
im Südwesten. Die Führungsgruppen dieser Reiche waren durch dynastische
und politische Verbindungen bald vielfach miteinander verbunden.
Der erste piktische König in den Quellen ist
Maelchon; Nachfolger wurde sein Sohn Brude. Zu ihm hatte Columban ein
relativ gutes Verhältnis. Brudes Kerngebiet lag um
Inverness, und er beanspruchte die Oberhoheit über die Orkneyinseln.
Etwa 653 bis 657 herrschte Talorcen. Zu den bedeutenden Königen der
Folgezeit zählten Brude, Sohn von Bile (671–692), der jedoch 685 in einer
Schlacht bei
Nechtanesmere gegen die northumbrischen Angeln unter König
Ecgfrith, Sohn des
Oswiu
unterlag, dann Óengus I., Sohn von Fergus (729–761). Er unterwarf in den
730er Jahren die Skoten von Argyll.
Ruinen des Nonnenklosters von Iona
Domnall Brecc (629–642) machte sich die irische Sippe des Columban zu
Feinden und unterlag ihnen 637. Auch in Schottland unterlag er in drei
Schlachten – gegen die Pikten 635 bei Caladrois und 638 bei Glen
Morriston, gegen Strathclyde 642 in der Schlacht von Strathcarron; in ihr
kam er ums Leben.
Domangart II. (660–673) gelang es, im südlichen Teil des Piktenreiches
Fuß zu fassen, wo er 673 einen Aufstand unterdrückte. Ihm folgten jeweils
nur kurz regierende Könige, unter
Selbach (700–723) folgte eine relativ lange Friedenszeit.
Áed Find, Áed der Weiße, regierte über vier Jahrzehnte lang, nämlich
von vor 736 bis 778. Er galt als Urgroßvater von Cináed mac Ailpín, dem
ersten König der Schotten, doch könnte es sich hierbei auch um eine
legitimierende Legende handeln. 768 kam es zu einem „Bellum i Fortrinn
iter Aedh & Cinaedh“, wie es in den
Annalen von Ulster heißt, womit der Piktenkönig Ciniod I. gemeint ist.
Die kulturelle Einheit zwischen dem Westen Schottlands und Nordirland, die
das Reich von Dalriada schuf, lässt sich bis in die frühe Neuzeit fassen.
Mit der Unterwerfung der Skoten von Argyll in den 730er Jahren stand
für kurze Zeit fast ganz Schottland unter piktischer Kontrolle, doch
wurden die Pikten ihrerseits kulturell stark von den Skoten und Briten
beeinflusst. Bei den Pikten herrschten um 800 zwei Brüder nacheinander,
nämlich Konstantin und Óengus II. (bis 834). 839 besiegten die Pikten ihre
skotischen Nachbarn aus Dalriada und töteten deren König
Eoganan. Doch dann trafen skandinavische Überfälle alle Parteien
Englands und Schottlands fast gleichzeitig, von
Lindisfarne bis
Iona. Der Piktenkönig
Uen kam gleichfalls bei Kämpfen gegen sie ums Leben.
Das führte um 843 zum neuen Königreich Alba, einer Vereinigung
Dál Riatas mit dem Piktenreich. Der erste gemeinsame König
der Pikten und Skoten war Cinead mac Alpin oder
Kenneth I. (bis 858). Cinead, König Alpins Sohn, hatte die Gelegenheit
genutzt und das durch den Tod des Königs seit 839 führerlose Piktenreich
erobert. Seinen Thronanspruch begründete er mit der mütterlichen Erbfolge,
die bei den Pikten anerkannt war, seine Mutter muss also eine Piktin
gewesen sein. Er begründete das
Haus
Alpin (bis 1058); Krönungs- und Residenzort wurde
Scone. Der Legende nach soll er seine piktischen Rivalen ermordet
haben. Die Dynastie nannte sich bis um 900 Könige der Pikten (reges
pictorum), zwischen 800 und 1000 verdrängte das Gälische die piktische
Sprache, von der nur wenige Wörter überliefert sind. Die Nachfolge wurde
durch die Tradition der
Tanistry
entschieden, das heißt, ein Mitglied der königlichen Familie wurde vorab
zu diesem Amt des neuen Königs bestimmt. Unter den Nachfolgern Kenneth
MacAlpins verschmolzen die Pikten und die Skoten. Die Pikten erscheinen
zuletzt um 875 in einer Quelle.
Ob dies eine kulturelle Verdrängung des Piktischen kennzeichnet oder doch
eher den Übergang vom Lateinischen zur Volkssprache, ist unklar. In jedem
Falle schrieb man nicht mehr vom „Rex Pictorum“, sondern vom „Rí Alban“,
dem König von Alba.
Die Briten von
Strathclyde, dessen britischer Name Ystrad Clud („Tal des Clyde“)
lautete, blieben jedoch weiterhin ein bedeutender Machtfaktor. Schon im 5.
Jahrhundert war die Führungsgruppe wohl christianisiert, denn einer ihrer
Könige erhielt einen Brief des hl. Patrick.
Mungo oder Kentigern, der erste Bischof von Glasgow, soll, folgt man
einer Vita des 12. Jahrhunderts, um 540 erfolgreich bei den Briten am
Clyde als Missionar gewirkt haben.
Rhydderch Hael wird in
Adomnáns Vita des heiligen Columban erwähnt. Zu Beginn des 7.
Jahrhunderts stand das Königreich Dalriada unter Áedán mac Gabráin auf dem
Höhepunkt seiner Macht. Seine Vorherrschaft endete jedoch 603 in einer
Niederlage gegen die Northumbrier. Die Annalen von Ulster berichten, dass
die Briten, angeführt von Eugein I., 642 bei Strathcarron ein Heer
Dalriadas besiegten und dessen König Domnall Brecc töteten. Offenbar gaben
die Nachbarn in ihren Bemühungen nicht auf, denn die Annalen berichten von
zwei weiteren Schlachten unter dem Jahr 711 bei Lorg Ecclet und 717 bei
dem Felsen, der Minuic heißt. Auch die Pikten drangen mehrfach an den
Clyde vor, so dass Strathclyde bald keine größere Rolle mehr spielte. 870
eroberten Wikinger die Hauptstadt
Dumbarton. Ihre Grabsteine, die
Hogbacks,
deuten auf bald einsetzende Siedlungstätigkeit der Normannen hin. Zwischen
1018 und nach 1054 wurde das Königreich Strathclyde endgültig von den
Schotten erobert. Zwar wiegelte
Eduard der Bekenner, der englische König, 1054 die Briten unter Máel
Coluim II. erneut gegen die Schotten unter Mac Bethad mac Findlàich,
bekannter als
Macbeth, auf, doch waren sie spätestens 1070 wieder Schottland
unterworfen.
Der erste überlieferte anglische
König von Bernicia, das sich zwischen
Tyne und dem
Firth of Forth erstreckte, war
Ida, der etwa von 547 bis 559 herrschte. Seine Dynastie herrschte bis
716.
Den Angeln gelang die Expansion nach Westen, als sie die
kumbrischen Gebiete
Rheged
und
Gododdin sowie Teile des Königreichs Strathclyde eroberten.
Der Königssitz befand sich in
Bamburgh.
Auf Ida folgten Glappa und Adda. Dessen Nachfolger König
Æthelfrith (568 oder 569 bis 572 oder 573) vereinigte 604 sein Reich
mit dem südlicheren
Deira und
gründete damit
Northumbria.
633 wurde Northumbria wieder in Bernicia und Deira geteilt, Bernicia wurde
für kurze Zeit von einem Sohn Æthelfriths namens
Eanfrith regiert. 634 bis 642 wurden die Könige von Bernicia zugleich
Herren über Northumbria, erneut ab 651. Unter König
Oswiu (642
bis 670) gelang 655 bis 658 die zeitweilige Ausdehnung bis nach
Mercia.
Er hatte einige Jahre im Exil bei König
Eochaid Bude (608–629) von
Dalriada
verbracht und war einer der Sieger von 634. Um 657 gründete er das Kloster
von Whitby,
stand mit Papst
Vitalian
in Schriftwechsel, und er berief 664 die
Synode von Whitby ein, die sich für den katholischen Ritus entschied.
Viele Anhänger der iroschottischen Tradition zogen daraufhin nach
Schottland. 685 kam es zum Krieg mit den Pikten unter
Brude mac Bili; sie besiegten die Angeln beim heutigen
Dunnichen am 20. Mai 685 in der
Schlacht bei Dunnichen Mere. Damit endete die northumbrische
Herrschaft im Norden.
Skandinavische Normannen, Iren
Das Reich der Pikten lag im östlichen Hochland. Die aus Nordirland
eingewanderten Skoten oder Gaelen („Scoti“ nach einem Ausdruck von
Beda Venerabilis aus dem 8. Jahrhundert) lebten in
Dalriada,
im westlichen Hochland und auf den
Hebriden.
Im Südosten lebten Angeln.
Gedenktafel für Dùn Eibhinn, ein Wikingerfort aus dem frühen
11. Jahrhundert
Im späten 8. Jahrhundert kam eine weitere ethnische Gruppe hinzu.
Wikinger
drangen ins Land ein und errichteten Stützpunkte an den Küsten des
Festlands und auf den
Shetlandinseln, auf
Orkney
und den
Hebriden bis hinunter zur
Isle of Man. Von dort aus plünderten sie Klöster und das umliegende
Land in Irland, England und im nordwestlichen und nordöstlichen Hochland.
So wurden die
Normannen, quasi als fünfte ethnisch-sprachliche Gruppe neben Skoten,
Pikten, Angeln und Briten, zu einem wichtigen politischen Faktor in
Schottland. 839 besiegten sie die Könige von Dál Riata und Fortriu.
Eine gälisch-normannische Mischbevölkerung, Gall-Gaidel,
beherrschte bald das Land, das heute nach ihr Galloway heißt.
Im 9. Jahrhundert entstand das
Kingdom of the Isles, als die Normannen und Iren die Hebriden
eroberten. Dieser äußere Druck setzte die Vereinigung von Skoten und
Pikten in Gang und brachte letztlich das
Haus
Alpin hervor, das ab etwa 840 zwei Jahrhunderte lang führend in
Schottland wurde. 867 besetzten die Wikinger Northumbria und gründeten das
Königreich Jórvík um das spätere York, bald eroberten sie große Teile
Englands. In der Irischen See und vor allem auf den Hebriden und den
Orkneys blieben regionale Herrscher bis weit in das 13. Jahrhundert
dominierend, auch wenn die norwegischen Könige immer wieder die Oberhoheit
an sich zogen.
Schottische Einheit und Unabhängigkeit
Königreich Alba (843–1034)
Zeit- und Abstammungstafel der schottischen Könige von Kenneth
I. bis zum Act of Union
Erst mit dem Königreich Alba erscheint erstmals eine Quelle, die in
Schottland selbst entstand, dessen älteste im Lande entstandene Chroniken
aus der Mitte des 12. Jahrhunderts stammen. Doch auch die
Chronik der Könige von Alba ist nur als Abschrift des 14. Jahrhunderts
einer Zusammenfassung der Zeit um 1200 überliefert. Sie reicht von etwa
850 bis zum Ende des 10. Jahrhunderts. Ihre Grundlage bildet eine
Königsliste aus der Zeit um 950 mit Zusätzen, die wahrscheinlich in
Dunkeld
entstand. Da die Führungsrolle Ionas, das für die Iren von großer
Bedeutung war, endete, spielten nach dem 10. Jahrhundert irische Quellen
eine geringere Rolle als für die Jahrhunderte davor. Daher ist es für das
11. Jahrhundert nicht möglich, eine Geschichte Nordschottlands, der
westlichen Inseln oder von
Ayrshire,
Dumfries and Galloway zu schreiben, da sich die englischen Quellen auf
den Südosten südlich des Forth beziehen, die einzige schottische vorrangig
auf die Gegend um
Perthshire. Es existieren keine Verwaltungsdokumente aus dem 10.
Jahrhundert, und Landvergaben erscheinen in sehr geringer Zahl erst im 11.
Jahrhundert, dann aber auch nur in Abschriften des 12. Jahrhunderts.
Der erste König, der einige Autorität in Gebieten südlich des Flusses
Forth hatte und der als zentral für die weitere Entwicklung gilt, war
Konstantin II. (900–943). Er wurde allerdings nach zahlreichen Siegen
937 in einer Schlacht gegen die Angeln geschlagen und zog sich in ein
Kloster zurück,
wo er nach neun Jahren in einem Alter jenseits von 75 starb. Im dritten
Jahr seiner Regierungszeit durchzogen zahlreiche wikingische
Plündererscharen das Land. Doch 904 konnte er einen bedeutenden Sieg in
Strathearn erringen, wobei die Männer von Fortrin, also die Pikten,
eine besondere Rolle spielten. 906 feierte er erstmals eine Zeremonie, in
der er und Bischof Cellach in
Scone, dem späteren Krönungsort der schottischen Könige, Eide
schworen. Das nächste Ereignis, von dem wir erfahren, ist die Schlacht von
Corbridge (918).
Sein Nachfolger
Malcolm I. (Máel Coluim), von 943 bis 954 König, unterhielt gute
Beziehungen zu König
Edmund I. von
Wessex.
Dieser verwüstete 945 das Königreich Strathclyde, trat es jedoch an
Malcolm I. ab (wenn „let“ im Altenglischen wirklich „überlassen“
bedeutete), um ihn als Verbündeten zu gewinnen. Allerdings gab es dort
weiterhin Könige, so dass nicht klar ist, ob Strathclyde nur kurzzeitig zu
Alba gehörte oder ob es zu einer Art Oberherrschaft kam. Auch ist nicht
klar, ob die Angeln und der König von Alba gemeinsam gegen den Einfluss
der Wikinger vorgingen, die um diese Zeit in Northumbria wieder auf dem
Vormarsch waren. In diesem Zusammenhang könnte Malcolms Zug nach
Northumbria (um 950) stehen. Anscheinend gab es zudem Auseinandersetzungen
zwischen den nördlichen und den südlichen Pikten-Skoten, so dass der König
auch dorthin einen Angriff führte. Der König wurde von eigenen Leuten
ermordet, aber es ist nicht klar, ob sie damit gegen den königlichen
Einfluss vorgehen wollten oder ob es sich um dynastische
Auseinandersetzungen handelte. Ihm folgte sein Sohn
Ildulb (954–962), eine gälische Nachbildung des Namens Hildulf, was
auf normannische Vorfahren mütterlicherseits hindeuten könnte, doch könnte
es sich auch um einen fränkischen Namen handeln. Folgt man der alten
schottischen Chronik, so kam das northumbrische Edinburgh durch ihn an
Alba. Ildulb kam wahrscheinlich im Kampf gegen Normannen ums Leben. 962
bis 966 kam es zu innerdynastischen Kämpfen zwischen Cuilén, einem Sohn
des Königs, und einem Rivalen namens Dub; aus diesen ging Cuilén († 971)
als Sieger hervor. Der Sohn Dubs, Cinead, folgte auf dem Thron (971–995).
Er besiegte einen weiteren Sohn Ildulbs namens Amlaíb im Jahr 977. Amlaíb
ist ebenfalls ein normannischer Name, nämlich Óláfr. Dennoch ist unklar,
ob es sich um ein Anzeichen der Sesshaftwerdung und Vermischung der
schottischen mit der norwegischen Bevölkerung handelte oder um kulturelle
Übernahmen. In jedem Falle war Alba zu dieser Zeit an drei Seiten von
normannischen Gebieten umgeben.
Cinead zog wahrscheinlich zu einer Strafaktion nach Strathclyde
(„Britannia“), dann zog er gegen „Saxonia“. 973 segelte er um Wales herum
zu den Krönungsfeiern nach
Chester
zu König Edgar. Dieser ließ sich dort als Oberherr von sechs Königen, die
nicht namentlich genannt werden, am Bug sitzend über den
Dee rudern. Mit dem Ende der alten schottischen Chronik „geht in
Schottland das Licht aus“, wie es Alex Woolf formulierte,
und zwar für eine ganze Generation. Nur wenige Nachrichten, wie die vom
Tod des Königs im Jahr 995, finden sich in irischen Quellen, wie zum
Beispiel in den Annalen von Ulster. Ihm folgte Cuiléns Sohn Constantin
(995–997), womit das strenge Wechseln zwischen den beiden Erblinien
fortgesetzt wurde. Damals betrachteten sich die Könige als gälische
Herrscher, nicht mehr als piktische. Über Constantin wissen wir fast
nichts, ebenso wie über seinen Nachfolger Cinead, den Sohn des Dub
(997–1005).
Das Anglo-Skandinavische Reich Knuts des Großen (1014–1035)
Unter
Malcolm II. wurde dem Königreich Alba 1018, nach der Schlacht bei
Carham am
Tweed, ein Teil des angelsächsischen
Northumbria südlich vom heutigen Edinburgh bis an den Tweed
angegliedert. Das entspricht etwa dem Gebiet der heutigen
Borders. Gleiches geschah nach dem Tod Malcolms 1034 auch im Westen.
Sein Enkel
Duncan
I. wurde König des Königreichs
Strathclyde. Er vereinigte beide Königreiche in seiner Person. 1034
befand sich zum ersten Mal das gesamte Land, mit Ausnahme der
normannischen Inseln, aber einschließlich des Hochlands nördlich von
Edinburgh und Glasgow, unter einer Herrschaft. Zugleich beherrschte das
Anglo-Skandinavische Reich
Knuts des Großen, der 1016 König von England und 1019 König von
Dänemark wurde, 1028 eroberte er zudem Norwegen, bis zu seinem Tod im Jahr
1035 den Nordseeraum. Ein Versuch, auch Schottland zu erobern, scheint
gescheitert zu sein.
Das neue Königreich war gesellschaftlich völlig gegensätzlich
strukturiert. Die
Lowlands wurden zudem nach dem anglo-normannischen Lehnswesen
organisiert. In den
Highlands hingegen hielten sich die
Clanstrukturen keltischen Ursprungs. Wegen der fortdauernden Überfälle
der Wikinger und der Auseinandersetzungen mit den Hochlandclans konnten
die schottischen Herrscher nur mit Mühe ihre Unabhängigkeit gegenüber den
englischen Nachbarn aufrechterhalten. Malcolm sah sich etwa der Opposition
der in Moray ansässigen und mächtigen Familie des Clann Ruaidri gegenüber.
Zwei ihrer Angehörigen wurden sogar als Könige von Schottland bezeichnet.
Möglicherweise war es diese Opposition, die dazu führte, dass Malcolm das
Gewohnheitsrecht, die Herrschaft zwischen den dominierenden Clans zu
wechseln, nicht mehr respektierte. Hinzu kam, dass das entstehende
nordeuropäische Großreich unter Knut dem Großen dazu zwang, die inneren
Differenzen beizulegen, die viele Angehörige der herrschenden Familien das
Leben gekostet hatten. Bezeichnenderweise folgte auf Malcolm der Sohn des
Abtes von Dunkeld und einer Tochter des Königs, Donnchad, 1034 südlich des
Mounth im Amt des Königs. Dies war ein Rückgriff auf die weibliche Linie,
wie er seit Jahrhunderten außer Gebrauch war. Seine Legitimität war daher
fragwürdig, zudem war sein Angriff auf Durham ein Desaster. Er unterlag
schließlich gegen Macbethead bei Pitgaveny im Morayshire, der die
Reichseinheit wiederherstellte.
Shakespeare machte die beiden Rivalen als „Duncan“ und „Macbeth“
berühmt.
Donnchad und Macbethead, Normannisierung, Städte (ab 1040)
Darstellung der 1251 heiliggesprochenen
Margareta von Schottland in einer genealogischen Tafel des
13. Jahrhunderts. Die in Ungarn geborene Königin übte einen
starken kulturellen Einfluss aus.
Mauern der Dunfermline-Abtei
Pennymünze aus der Zeit Davids I. (1124–1153), geprägt
zwischen 1136 und den 1140er Jahren, eine der ersten Münzen
mit dem Abbild des schottischen Königs, 1,28 g
Duncan I. (auch Donnchad), Enkel und Nachfolger des Reichsgründers
Malcolm II., unterlag 1040 in einer Schlacht seinem Cousin
Macbeth. Dieser Macbethead (geb. etwa 1005) hatte auf Grund seiner
Herkunft seinerzeit einen ebenso berechtigten Thronanspruch wie Donnchad.
Macbethead regierte Schottland von 1040 bis 1057 und stärkte seine
Position durch seine Ehe mit Gruoch, der Enkelin
Kenneth III. Ihr Sohn
Lulach
aus erster Ehe übernahm 1057, wenngleich nur für ein Jahr, den
schottischen Thron. 1054 war Macbethead nicht weit von
Scone von Donnchads Sohn Malcolm besiegt worden. In einer weiteren
Schlacht bei Lumphanan (in der Nähe von
Aberdeen)
wurde er 1057 getötet.
Nach seinem Tod und dem Lulachs bestieg Macbetheads Gegner Máel Coluim als
Malcolm III. Canmore (1058–1093) den schottischen Thron.
Er gründete zwölf Jahre später mit seiner Frau
Margareta eine der wichtigsten Dynastien in der mittelalterlichen
Geschichte des Landes. Margareta war eine Schwester des legitimen
sächsischen Thronfolgers von England,
Edgar Ætheling, eines Enkels von
Edmund Ironside. Auf der Flucht vor dem normannischen Eroberer
Wilhelm, der 1066 England eroberte, war sie 1068 zusammen mit ihrem
Bruder in Schottland gelandet. Mit ihren acht Kindern leitete diese
Familie eine grundlegende Wende in der schottischen Kulturgeschichte ein.
Margaretas Einfluss führte zu einer starken Normannisierung
Schottlands. Handel, Handwerk und die Künste erhielten bedeutende Impulse,
und auch im kirchlichen Bereich kam es zu einschneidenden Veränderungen.
Nicht länger war die keltische Kirche des heiligen Columban (Culdees)
tonangebend, sondern die römische Kirche, Iona verlor seine Rolle als
königliche Grablege, stattdessen wurden die Könige nun in Dunfermline
Abbey beigesetzt. 1075 wurde unter dem Einfluss der Königin das Fundament
für das Benediktinerkloster gelegt, und 1128
wurde es von
David I. (Dabíd mac Maíl Choluim) zu einer Abtei unter der Leitung von
Geoffrey of Canterbury erhoben. Erzbischof
Lanfranc von Canterbury unterstützte die Königin bei der Berufung der
Benediktiner nach
Dunfermline. Unter David wurden neun Bistümer auf dem Festland
eingerichtet oder bestätigt. Es waren dies zunächst
St.
Andrews, dann
Glasgow,
Dunkeld,
Aberdeen,
Moray,
Brechin,
Dunblane,
Ross und
Caithness.
Malcolm und sein ältester Sohn wurden 1093 in einer Schlacht gegen die
Engländer bei
Alnwick
getötet. Auf Schottlands Thron folgten nach einigen Wirren und der
Intervention des englischen Königs in den darauf folgenden 30 Jahren
Margaretas Söhne Edmund,
Edgar,
Alexander I. und
David I. 1092 gingen die Gebiete südlich des
Solway Firth an England verloren. Die Thronfolgekämpfe hingen damit
zusammen, dass die Schotten einer anderen dynastische Erbfolge anhingen
als die Engländer. Konservative Familien versuchten zum Vorrang der
Seitenverwandtschaft, die in Schottland gängig gewesen war,
zurückzukehren, so dass die Brüder eher dem verstorbenen König folgten als
die Söhne. Dies zwang die drei Söhne Malcolms, zu Gefolgsleuten der
normannischen Könige
Wilhelm II. Rufus und
Heinrich I. zu werden. England betrachtete sich zunehmend als
überlegen und dem Reich jenseits seiner Grenzen übergeordnet. Zudem gewann
es durch geschickt arrangierte Ehen mit dem schottischen Königshaus immer
mehr Einfluss auf das Land im Norden der Insel. Alexander I. heiratete
beispielsweise eine illegitime Tochter von Heinrich I. von England, und
David heiratete Mathilda, die Tochter des Grafen von
Northumbria. Als Heinrich jedoch 1135 starb, konnte David I. die
englische Vorherrschaft abschütteln. Er gewann die südlichen Teile von
Cumbria zurück, die Wilhelm Rufus annektiert hatte.
Schottland erlebte unter David I. (1124–1153), dem jüngsten Sohn
Malcolms III. und Margaretas, eine relativ friedliche Periode. Vielen
Städten, die damals entstanden, wurde eine
Charta verliehen, oder sie wurden sogar zu
freien Städten erhoben. Eine Hauptstadt gab es nicht, wenn auch 12 bis
15 Burghs die Stützen der königlichen Machtausübung wurden und
Städte wie Edinburgh,
Roxburg,
Aberdeen,
Perth und
Stirling
die wichtigsten von ihnen waren.
David setzte das Reformwerk seiner frommen Mutter Margareta, die später
hauptsächlich für die Einführung der römischen Kirche in Schottland
heiliggesprochen wurde, fort. Er gliederte das Land in Diözesen und
Pfarreien, wobei weltliche und geistliche Gliederung identisch waren.
David war einer der eifrigsten Klostergründer in der Geschichte
Schottlands. Die Klöster waren die einzigen Bildungseinrichtungen. Aus
ihnen gingen Verwaltungsfachleute und Neuerer der Agrarwirtschaft hervor.
Zugleich führte er im Süden des Landes die normannische Feudalordnung ein,
während im Norden die älteren Earldoms und
Thanages fortbestanden – letztere Grundherrschaften von
normannischen Gefolgsmännern –, wie auch seine Nachfolger diese
Ordnung nicht in die Highlands übertrugen. Zwischen 1130 und 1230 wurden
26 Sheriffdoms oder Counties, eine Art Grafschaften,
eingerichtet. Dies vereinheitlichte die Eintreibung der an den König zu
entrichtenden Abgaben und schuf direkten Zugriff auf die Lokalgewalten.
Die im 12. Jahrhundert entstandenen Provinzen, in die große Teile
Schottlands aufgeteilt wurden, unterstanden je einem Mormair, der
in den lateinischen Quellen als Comes erscheint. Er war für
Heerführung und Rechtsprechung zuständig und entstammte meist seinem
Zuständigkeitsbereich, also einer der lokalen, einflussreichen Familien.
Ob das Amt erblich war, ist unbekannt, ebenso unklar ist, ob der bereits
im 10. und 11. Jahrhundert erscheinende Mormair-Titel bereits dem Amt
entsprach. Möglicherweise bestanden sieben dieser Provinzen, als gesichert
gelten für die Mitte des 12. Jahrhunderts
Angus,
Atholl,
Marr,
Buchan,
Moray,
Fife und
Strathearn, vielleicht auch
Gowrie,
Mearns und
Ross.
Um 1200 unterstanden auch
Menteith
und
Lennox einem Mormair.
Ein Großteil der Zuwanderung in die wachsenden Städte erfolgte aus
England,
Flandern und Nordfrankreich. Voraussetzung dieser städtischen Blüte
war die Veränderung der Agrarwirtschaft von der Weidewirtschaft und dem
Fischfang zu einer intensivierten Landbebauung. Dabei spielten die Klöster
eine entscheidende Rolle. Sie führten bessere Getreidemühlen, effizientere
Pflüge, Entwässerung, aber auch neue Produkte wie verschiedene
Getreidesorten, Erbsen und Bohnen ein. Ihrem Beispiel folgten die
Grundherren, vor allem im Süden. Durch die Schafzucht wuchs der Export von
Wolle an, insbesondere nach Flandern. Auch entwickelten sich der
Kohletagebau und die Salzgewinnung. Die Gründung von Burghs, von
privilegierten Städten, ballte diese wirtschaftlichen Aktivität und
steuerte sie zunehmend im ländlichen Bereich. Die Zuzügler aus dem Süden
brachten neue Techniken der Färberei, der Tuchherstellung, der
Lederverarbeitung und der Gerberei mit, aber auch der Metallbearbeitung
und der Bierherstellung. David I. konnte daher die erste Münzprägestätte
Schottlands einrichten. Deren
Sterlings waren bis Mitte des 14. Jahrhunderts den englischen Münzen
gleichwertig.
Dominanz in Britannien, englische Lehnsherrschaft (1135–1189)
Durch seine Verwandtschaft mit dem englischen Königshaus war David I.
einer der größten Landbesitzer in England, vor allem in Northumbria,
Cumbria und Westmorland, so dass er sich allein schon deshalb in die
englische Politik einmischte. Er gelangte zu Einfluss in
Yorkshire und
Lancaster. David war der Schwager König Heinrichs I. Im englischen
Thronfolgestreit (1135–1154) nahm er 1138 Partei für seine Nichte,
unterlag jedoch in der
Standartenschlacht bei York. Dennoch gilt David, der nach dem
südlichen Vorbild sein Land reformierte, als einer der bedeutendsten
schottischen Könige.
Zudem brachte er die Familien der Bruce, Comyn und der Stewarts nach
Schottland, wo sie erheblichen Einfluss gewannen. Unter ihm entstanden die
bedeutenden Klöster von Dunfermline, Kelso, Melrose und Holyrood, wie er
1113, noch vor seiner Thronbesteigung, als erster Benediktiner auf die
Britischen Inseln holte, nämlich die Mönche aus der französischen Abtei
Tiron nach dem schottischen Selkirk.
Zusammen mit seinem Sohn Henry, der ab 1139 Earl of Northumberland war und
1152 starb, machte er ab 1136 Schottland zur vorherrschenden Macht auf den
Britischen Inseln.
1157 musste jedoch Davids Enkel,
Malcolm IV. ‚the Maiden‘ (‚der Jungfräuliche‘) (1153–1165),
Northumbria an den englischen
Plantagenet
Heinrich II. abtreten. Malcolm stieß zudem bei den Fürsten und Chiefs
im Hochland auf Ablehnung, doch wurde er von den normannischen Adligen der
Lowlands unterstützt. 1160 kam es zu einem Aufstand des Mormaer von
Strathearn, auch Galloway und Moray widersetzten sich der zunehmenden
königlichen Macht.
Malcolms Bruder
Wilhelm I., genannt ‚der Löwe‘ (1165–1214) – der Beiname wurde seinem
Namen wohl erst nach 1300 hinzugefügt
–, pflegte zunächst freundschaftliche Beziehungen zu England und
begleitete den englischen König 1166 sogar auf einem Feldzug in
Frankreich.
Er erhielt jedoch von einer der streitenden Parteien in England das
Angebot, Northumbria bis zum Tyne zu erhalten, wenn Wilhelm ihn
unterstützte. David, der Bruder des Königs, sollte zudem Huntingdon und
Cambridge erhalten. So fiel Wilhelm 1174 in England ein, um die 1157
verlorenen Gebiete zurückzuerobern. Das Unternehmen scheiterte jedoch,
William wurde mitsamt seiner Leibwache gefangengenommen und zunächst nach
Northampton vor den englischen König gebracht, dann in die
Normandie nach
Falaise.
Dort wurde er im Dezember 1174 gezwungen, den
Vertrag von Falaise zu unterzeichnen, der Schottland der englischen
Lehnsherrschaft unterstellte und Northumbria als englischen Besitz
bestätigte. Die Burgen von Edinburgh, Berwick, Jedburgh, Roxburgh und
Sterling erhielten englische Besatzungen. Sein Bruder David und 21 Große
wurden als Geiseln gestellt, der König musste jederzeit damit rechnen, an
den Hof gerufen zu werden. Wollte er gegen einen Aufstand in Schottland
vorgehen, musste er in England um Erlaubnis fragen. Auf diese Abmachungen
wurden 1175 alle Großen und der Klerus sowie die königliche Familie
vereidigt. Die Erzbistümer York und Canterbury konnten sich allerdings
nicht darüber einigen, wer die Suprematie über Schottland erhalten solle,
so dass sie Papst Clemens III. 1188 unmittelbar Rom unterstellte. Zugleich
wehrte sich Wilhelm gegen einen päpstlichen Kandidaten für das Bischofsamt
von St. Andrews, bis er von
Alexander III. 1181 exkommuniziert wurde. Erst nach dem Tod des
Papstes kam es wenig später mit
Lucius III. zu einer Aussöhnung. Der König wurde 1186 gezwungen, eine
Enkelin Heinrichs I. zu heiraten. Als Mitgift brachte sie Edinburgh Castle
ein.
Diese Politik änderte sich erst unter dem Nachfolger Heinrichs II. 1189
beendete
Richard Löwenherz das
Vasallitätsverhältnis gegen eine Zahlung von 10.000 Mark Silber, um
seinen Kreuzzug finanzieren zu können. Damit begann eine verhältnismäßig
lange, friedliche Phase zwischen Schottland und England. Die schottische
Kirche sollte unabhängig bleiben.
Anerkennung der Grenze, königliche Machtkonzentration (bis 1289)
Krönung Alexanders III. auf dem Moot Hill in Scone am 13. Juli
1249. Der König wird vom Ollamh Rígh, dem königlichen
Dichter mit den Worten „Benach De Re Albanne“ („Gott segne den
König der Bewohner von Alba“, d. h. der Schotten) begrüßt. Der
Mann neben dem König ist Máel Coluim II († 1266), der Mormaer
von Fife. Die Illustration aus dem Scotichronicon von
Walter Bower, 1447, zeigt, dass der König stets der König
der Schotten, nicht Schottlands ist, während der englische
König der König des Landes ist.
Erst Wilhelms Sohn
Alexander II. (1214–1249) gelang es, die königliche Autorität innen-
und außenpolitisch wiederherzustellen. 1237 erkannte er seinem Schwager,
dem englischen König
Heinrich III., gegenüber die Linie zwischen
Tweed und Solway als schottische Südgrenze an – damit verlor er die
reichen schottischen Besitztümer auf englischem Boden. Alexander war es
aber auch, der erstmals die
westlichen Inseln, die seit Jahrhunderten dem Königreich Norwegen
unterstanden, 1266 wieder seinem Herrschaftsbereich einzugliedern
versuchte. Er starb während dieses Feldzugs auf der Insel
Kerrera
vor
Oban. Innenpolitisch setzte er sich ebenfalls gewaltsam durch. Gegen
die Familien, die sich gegen die Normannisierung, also vor allem die
Einführung grundherrschaftlicher Macht- und Wirtschaftsstrukturen, zur
Wehr setzten, ging er mit brachialer Gewalt vor. Dies galt etwa für die
Clans aus Ross, Moray und Galloway. Den Höhepunkt der Übergriffe bildete
die Ermordung eines Säuglings, der letzten Erbin der MacWilliams von
Canmore, die am Marktkreuz von
Forfar
zerschmettert wurde.
Des Königs Sohn
Alexander III. (1249–1286) schlug 1263 den norwegischen König
Haakon IV., der mit 20.000 Mann auf 160 Schiffen zur Verteidigung
seiner Ansprüche zu den westlichen Inseln gefahren war,
in der Schlacht bei
Largs
endgültig. Die westlichen Inseln kamen 1266 an Schottland. Aus seiner
ersten Ehe hatte Alexander III. zwei Söhne und eine Tochter. Als aber alle
drei innerhalb weniger Jahre starben, heiratete er ein zweites Mal. So
erfüllte sich die
Prophezeiung des Wahrsagers
Thomas the Rhymer: Alexander stürzte 1286 bei
Kinghorn in Fife von den Klippen und hinterließ außer seiner Enkelin
Margarete, der Tochter des norwegischen Königs Eric, keine Erben.
Im Rückblick auf die politisch zerrissene Zeit nach 1286 sah man in
Schottland ein ‚Goldenes Zeitalter‘ unter den Königen Malcolm IV., William
I. sowie unter Alexander II. und III. Die Königsmacht war nach innen
gefestigt worden, man hatte sich gegen England durchsetzen können, der
Einfluss der Skandinavier war beinahe verschwunden. Nun begann eine Phase,
die insbesondere im Rahmen nationalistischer Deutungsmuster aus
schottischer Perspektive als ein tiefer Absturz galt. England spielte die
internen Kräfte gegeneinander aus, und die Existenz des Königreichs wurde
bedroht.
Margarete, später bekannt als The Maid of Norway, wurde nach
dem Tod ihres Großvaters als kleines Mädchen und letzte Überlebende aus
der direkten Linie von Malcolm III. Canmore als erste schottische Königin
anerkannt. Die wirkliche Macht im Lande übernahmen vier Barone und die
Bischöfe von St. Andrews und Glasgow. Sie wurden als The Guardians
(die Wächter) bezeichnet. Gegen diese Regelung erhoben sich im
Südwesten die Anhänger der beiden Robert Bruce (Vater und Sohn), denn der
Vater, ein Urgroßenkel Davids I., sah sich als nächsten Verwandten des
verstorbenen Königs Alexander III., und er erhob somit Anspruch auf den
Thron. Dieser Aufstand und weitere von Thronprätendenten wurden jedoch von
den Guardians niedergeschlagen, die Bruces schworen einen Eid auf Margaret
und gaben die eroberten Burgen zurück.
1289 wurde einer der Guardians, Duncan von Fife, ermordet; er hatte
anscheinend versucht, seine Position zur Bereicherung und zur Ausdehnung
seiner Macht zu nutzen. Amt und Besitz teilten sich seine Rivalen,
darunter die anderen Guardians. Auch andere, ältere Rivalitäten zwischen
den Familien brachen 1289 aus, so dass die Herrschaft zunehmend in einen
Kampf der zwei bis drei Fraktionen mündete.
Margarets Vater, der König von Norwegen, wollte seine Tochter nicht in
diese unsicheren Verhältnisse schicken, sondern sie mit dem Erben des
englischen Königreichs, mit Edward, dem Sohn
Edwards I., verheiraten. Im Vertrag von Birgham einigten sich das
schottische Parlament und Edward I. darauf, dass die Königin Herrscherin
eines eigenen Landes sein sollte, und selbst dann, wenn ein Erbe aus der
Ehe hervorgehen sollte, sollte Schottland ein separates Königreich
bleiben. Auf dem Weg zu ihrer Krönung starb die siebenjährige Margaret
jedoch im Herbst 1290 auf der Überfahrt von Norwegen nach Schottland auf
den Orkneys.
Erstes und zweites Interregnum, englische Oberherrschaft, Allianz mit
Frankreich (1290–1296)
Der Große Turm von Urquhart, einer Burg am Loch Ness. Urquhart
Castle entstand wohl im 13. Jahrhundert an der Stelle einer
erheblich älteren Burg des Durward-Clans. Sie wurde 1296 von
Engländern erobert. 1692 wurde sie endgültig zerstört.
Schottland hatte nun keinen Monarchen mehr, und so begann die Zeit des
Ersten
Interregnums. Mehrere Bewerber kämpften um den schottischen Thron,
weltliche und kirchliche Fürsten konnten keine Einigung erzielen. So
machte sich der Schwager Alexanders III., der englische König
Edward I., in dem Thronfolgestreit zum Schiedsrichter, als er im Mai
1291 seinen Plan offenbarte, Oberherr Schottlands zu werden. Bischof
Wishart lehnte dies ab, doch Edward, der mit Armee und Flotte im Land
stand, drohte mit Gewaltanwendung und setzte eine knappe Frist zur
Entscheidung. Gleichzeitig förderte er weitere Prätendenten, im
Bewusstsein, dass ihm die weitere Machtzersplitterung zugutekam. Zwischen
dem 5. und 11. Juni 1291 unterstellten sich alle Kandidaten dem englischen
König. Eine eingesetzte Kommission ließ sich bis August 1292 für die
Prüfung der Ansprüche Zeit, Zeit, die Edward nutzte, sein Regiment zu
sichern.
Die beiden entscheidenden Thronbewerber waren Robert Bruce,
Großvater des späteren
Robert I., und
John Balliol. Edward votierte am 17. November 1292 für John Balliol,
der zwei Wochen später zum König der Schotten gekrönt wurde. Mit ihm
hoffte Edward über einen Sachwalter englischer Interessen zu verfügen und
setzte ihn auch für seine festländischen Interessen ein.
Als England vier Jahre später Krieg gegen Frankreich führte und Edward
I. von den Schotten militärische Hilfe verlangte, verweigerte Balliol ihm
jedoch die Unterstützung. Edward marschierte daraufhin 1296 in Schottland
ein, ließ den Großteil der Bevölkerung von
Berwick-upon-Tweed massakrieren und blieb in der darauf folgenden
Schlacht bei Dunbar am 27. April Sieger. Er zwang König John Balliol
im Juli zur Kapitulation. Adel und hoher Klerus mussten Edward als
Oberherrscher (overlord) von Schottland anerkennen. Englisches
Recht und englische Verwaltung wurden eingeführt, gedeckt von Garnisonen
in vielen Burgen. Balliol wurde im
Londoner Tower eingekerkert und später nach Frankreich verbannt. Damit
begann das Zweite Interregnum, in dem sich eine schottische nationale
Identität entwickelte, die sich in einer Kette von Widerständen zeigte, so
dass 1297 vor allem die mittleren Ränge der schottischen Lokalherren zum
bewaffneten Aufstand bereit waren. Sie sahen sich englischen Herren
gegenüber, die ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung
gefährdeten. Einer ihrer Führer wurde
William Wallace, der den Sheriff von Lanark tötete. James Stewart
unterstützte den Aufstand, die Bruces, bald auch Bischof Wishart und viele
frühere Gegner von Balliol.
Einige Schotten desertierten aus dem Heerlager Edwards in Frankreich und
wurden zu Führern der Aufständischen. Schottland schloss mit Frankreich
einen Vertrag zur gegenseitigen Unterstützung gegen den gemeinsamen Feind
England, die
Auld Alliance.
Die westlichen Inseln (550–1266)
Königreiche von Man und der Inseln
Kopie einer Schachfigur des frühen 12. Jahrhunderts, die 1831
auf Lewis gefunden wurde. Es handelt sich um Elfenbeinfiguren,
die als
Lewis-Schachfiguren bekannt sind.
Bedingt durch das Kloster Iona und seine Überlieferung ist die
Quellenlage für die westlichen Inseln zwischen etwa 550 und 849, als die
Reliquien des hl. Columban vor den Wikingern in Sicherheit gebracht
wurden, vergleichsweise günstig. In den nächsten drei Jahrhunderten
stammten die Hauptquellen aus Irland, England oder Norwegen. Eine der
wichtigsten skandinavischen Quellen ist die
Orkneyinga saga, eine mündliche Überlieferung, die erst Anfang des 13.
Jahrhunderts verschriftet wurde.
Die Hebriden bildeten, ausdrücklich seit 1098, keinen Teil des
schottischen Königreichs. Ihre Bevölkerung sprach nach wenigen
Generationen der Vermischung die Sprache der Eroberer; die Bewohner wurden
Gallgáedil genannt. Davor gehörten die Inseln zu Dalriada. Wie die
Eroberung verlaufen ist, ist nicht bekannt, doch sind erste
Wikingerangriffe ab 793 überliefert, die England betrafen. 802 und 806
wurde Iona geplündert.
In den irischen Annalen erscheinen mehrere norwegische Anführer, wie etwa
unter dem Jahr 837 ein Soxulfr. Auch ist dort die Rede von einem
wikingischen Schottland, dessen Erbe Thórir 848 nach Irland segelte. Als
872
Harald I. große Teile Norwegens unter seine Gewalt zwang, floh ein
Teil seiner Gegner auf die westlichen Inseln. Daraufhin besetzte er 875
die nördlichen Inseln, etwa ein Jahrzehnt später die westlichen. Einen
Aufstand unterdrückte im Auftrag des Königs
Ketill Bjǫrnsson, doch machte er sich als König der Inseln bald
selbstständig.
870 attackierten Führer aus dem Haus Ímar, die eine Seeherrschaft
zwischen Irland und Schottland errichtet hatten,
Dumbarton Castle, oberhalb von
Dumbarton in den westlichen Lowlands, was für eine frühe
Konsolidierung eines Inselkönigreichs spricht. Um 877 eroberten sie Man,
gesichert ist dies jedoch erst um 900.[69]
Zwar erlitten die Norweger in Irland 902 einen Rückschlag, doch 914
siegten sie bereits wieder in einer Seeschlacht vor Man. Die Zeit zwischen
900 und 940 ist so quellenarm, dass darüber kaum Aussagen getroffen werden
können. Die Machtbasis des in den Jahren 941 bis 952 erscheinenden
Olaf Cuaran lag eher in England und Irland, doch endete die
norwegische Herrschaft in Dublin 980. Er wurde als Rex plurimarum
insularum bezeichnet, womit wohl die Hebriden gemeint waren. Seine
Neffen plünderten 986 und 987 Iona. In die Seeschlacht vor Man, die 987
stattfand, griff vielleicht schon die Flotte des norwegischen Königs
Olav I. Tryggvason ein.
Olaf Cuaran wurde als König von „Innse Gall“ bezeichnet,
doch ist unklar, ob die Inseln nicht eher von Versammlungen freier Männer
regiert wurden.
Nach 990 übernahm
Sigurður Hlöðvisson, Jarl der Orkneys, die Herrschaft über die
Hebriden und setzte dort einen Jarl namens Gilli oder Gilla ein. Doch um
1004 machte sich zumindest ein Teil der Inseln unter Ragnall mac Gofraid
wieder unabhängig. Erst nach dessen Tod konnte Sigurður die Herrschaft
1014 wieder zurückgewinnen. Ihm folgte
Håkon Eiriksson als König von Norwegen und Vasall Knuts von Dänemark.
Die Imar-Dynastie setzte Olaf Sigtryggsson fort († 1034); sein
Herrschaftsgebiet überlappte sich wahrscheinlich immer wieder mit dem der
Norweger. Im norwegischen Gebiet folgte 1035
Thorfinn Sigurdsson der Mächtige, nach dessen Tod um 1065 der
norwegische König offenbar eine direkte Herrschaft ausübte. Parallel zu
diesen Vorgängen herrschte der Imar
Echmarcach mac Ragnaill weiterhin, und auch hier ist die räumliche
Abgrenzung zu den Norwegern unklar. Erst mit
Godred Crovan wird die Situation deutlicher erkennbar. Er überlebte
1066 die
Schlacht gegen die Normannen, die England eroberten, und floh nach
Man, das er spätestens seit 1079 beherrschte. Erst König
Magnus III. stellte 1098 die direkte norwegische Herrschaft wieder
her.
In diesem Jahr schloss er mit dem Königreich Schottland einen
Grenzvertrag. Die Schotten gaben ihre Ansprüche auf die Hebriden formal
auf. Aus den folgenden innerfamiliären Kämpfen ging
Lagmann mac Gofraid zwar als Sieger hervor, doch starb er auf einer
Pilgerreise nach Jerusalem. 1111 wurde Domnall mac Taidc Ua Briain
Oberherr der Inseln, doch vertrieben ihn die Inselbewohner zwei Jahre
später. Ein ansonsten unbekannter Ingemund sollte für Norwegen die
Oberherrschaft wiederherstellen, doch seine Männer vergewaltigten und
plünderten auf Lewis derartig, dass die Inselbewohner sich verbündeten und
seine Leute und ihn niedermachten und verbrannten. Erst Olaf I. Godredsson
gelang es, auf den Inseln vier Jahrzehnte relativen Frieden zu halten. Ihm
folgte sein Sohn
Godred II. Olafsson (König 1153 bis 1187).
Königreich der Inseln um 1200
Die Ruine des Bischofspalasts von Kirkwall auf Orkney, wo 1263
König Håkon IV. starb
Doch der Sohn Gillebrides
Somerled
führte die Inselbewohner gegen die norwegische Herrschaft. Er unterstützte
Olaf I. zunächst bei der Rückeroberung der nördlichen Hebriden von den
Earls of Orkney, doch bis 1158 machte er sich zum unbestrittenen Herrn der
Inseln. Er belebte Dalriada gewissermaßen neu und sah sich als Angehöriger
des Clann Somhairle in der Erblinie der Uí Ímair. Doch unterlag er 1164
gegen das königliche Heer unter Führung
Walter Fitzalans und des Bischofs von Glasgow bei Renfrew. Nach seinem
Tod im Jahr 1164 wurde das Königreich jedoch unter seine vier Söhne
aufgeteilt, was den Aufstieg des Clan MacDougall und des Clan Macruari
einleitete. Sie waren als
Lord of the Isles bekannt. De iure unterstanden die Inseln nach wie
vor dem König von Norwegen, das Festland dem Königreich Alba, Man und die
nördlichen Inseln waren demnach norwegische Vasallen. Der schottische
König
Alexander II. unternahm 1249 einen Flottenvorstoß, um die Inseln zu
erobern. Zwar starb er auf dem Feldzug, doch sein Nachfolger
Alexander III. setzte die Eroberung fort. Der norwegische König
Håkon IV. versuchte einzugreifen, doch unterlag er am 2. Oktober 1263
in der Schlacht bei Largs. Er starb zwei Monate später auf Orkney.
Mit dem Vertrag von Perth wurden die norwegischen Inseln 1266 endgültig
Schottland zugesprochen, als der König von Norwegen seine Oberherrschaft
gegen eine jährliche Zahlung abtrat. Diese Machtausweitung übte auf
England erheblichen Druck aus.
Unabhängigkeitskriege (1296–1371)
William Wallace, Kupferstich aus dem 17. oder 18. Jahrhundert
Einer der ersten, die sich gegen die englische Präsenz zur Wehr
setzten, war
William Wallace, dritter Sohn des verarmten Ritters Malcolm Wallace
und der Margarete de Crauford, der Tochter des
Sheriffs
von Ayr.
Wallace begann in den neunziger Jahren des 13. Jahrhunderts mit anderen,
zum Beispiel dem Fürsten
Andrew Moray, englische Einheiten zu überfallen. Hinzu kam, dass ein
englischer Statthalter, so wird angenommen, Wallaces Frau umgebracht
hatte, weil diese ihm zur Flucht vor englischen Soldaten verholfen hatte.
Es war der Anfang einer offenen Rebellion gegen die landfremden
Machthaber. Nach mehreren Überfällen und Scharmützeln gelang Wallace 1297
zusammen mit Moray in der
Schlacht von Stirling Bridge ein spektakulärer militärischer Erfolg.
Dort an der Brücke über den Forth vernichtete er die mit rund 10.000 Mann
vierfach überlegene Streitmacht
Edwards I., der im März 1298 mit 3000 Reitern, 15.000 Fußsoldaten und
weiteren 10.000 Mann nach Schottland gekommen war, um es zu unterwerfen.
Der nichtadlige Wallace wurde von den Schotten geehrt und zum „Guardian
of Scotland“ ernannt. Später jedoch fehlte es ihm an weiterer
Unterstützung durch den meist normannischen Adel. Zu oft hatten diese
Adligen auch in England Besitztümer und wollten diese nicht durch
Parteinahme für Wallace gefährden. So wurden die aufständischen Schotten
1298 – nur ein Jahr nach Stirling Bridge – in der
Schlacht von Falkirk von Edward geschlagen. Wegen dieser und anderer
schwerer Niederlagen, die dieser König den Schotten beibrachte, ist Edward
I. unter dem Beinamen „Der Hammer der Schotten“ in die Landesgeschichte
eingegangen. Nach der Niederlage bei Falkirk konnte William Wallace zwar
fliehen, doch sieben Jahre später wurde er von einem Landsmann verraten,
gefangengenommen und nach einem öffentlichen Verfahren am 23. August 1305
in London auf grausamste Weise
hingerichtet. William Wallace wurde später im Bewusstsein der Schotten
zum schottischen Nationalhelden.
1301 begann eine neue englische Kampagne, während der Papst und der
französische König versuchten, König John wieder einzusetzen, der auch
einen Guardian nach Schottland entsandte. 1302 hingen immer noch
viele Schotten dem englischen König an, wie etwa der ältere Robert Bruce
oder sogar Angehörige der Balliol-Familie. Sie stellten 3000 Mann aus dem
Südwesten, Edward marschierte in den Norden, um die Kerngebiete des
Widerstands zu treffen. William Wallace und Simon Fraser griffen hingegen
England direkt an. Doch Ende Juli 1304 brach der schottische Widerstand
nach sieben Jahren zusammen.
1305 einigten sich die Unterhändler auf die Wiederherstellung der Rechte
und Pflichten, aber auch der Besitzverhältnisse aus den Zeiten König
Alexanders. Viele der eingezogenen Besitztümer wurden zurückgegeben, 18
der 22 Sheriffs waren nun Schotten.
Erst
Robert I., ein Zeitgenosse Wallaces und später bekannt als Robert
the Bruce, konnte das schottische Machtvakuum füllen. Er wurde dessen
Nachfolger in der Führung und im Kampf um die Unabhängigkeit. Robert ließ
sich am 25. März 1306 in
Scone, dem traditionellen Krönungsort, zum König der Schotten erheben.
Wegen des Mordes an seinem Vetter und seiner ehemaligen Loyalität zu
Edward I. misstraute ihm der schottische Adel jedoch und verweigerte ihm
die Unterstützung, so dass Robert ein macht- und landloser König war. Er
wurde mehrfach von Edward geschlagen und musste schließlich nach Irland
fliehen. Ab 1307 begann er jedoch, sein Reich zurückzuerobern. Seine
Guerillataktik war erfolgreich und brachte ihm mit der Zeit den Respekt
und die Unterstützung der schottischen Adligen ein. Sein Gegner Edward I.
starb im selben Jahr. Am 23. und 24. Juni 1314 feierte Robert the Bruce
seinen größten militärischen Erfolg: In der Auseinandersetzung um
Stirling Castle, der letzten von Engländern gehaltenen Burg in
Schottland, wurde das englische Heer in der
Schlacht von Bannockburn vollständig aufgerieben. Rund 8000 Schotten
unter der Führung von Robert the Bruce besiegten die etwa 24.000 Engländer
unter
Edward II.
Der unerwartete Sieg über Edward garantierte die vollständige
Anerkennung von Robert I. als König der Schotten. Nach dem Trauma der
Unabhängigkeitskriege machten die Freien und Mächtigen des Reichs 1320
ihrem König allerdings klar, dass er nicht willkürlich handeln konnte. In
der
Declaration of Arbroath
erklärten sie, dass sie ihn nur so lange unterstützen würden, wie er die
Rechte der Nation zu wahren bereit war. Damals standen die Menschen noch
immer deutlich unter dem Eindruck der englischen Besetzung und des Banns,
den die Kirche über den König und größten Helden Schottlands –
Robert the Bruce – verhängt hatte. So waren die meisten führenden
Persönlichkeiten in der Abtei von Arbroath zusammengetroffen, hatten eine
Erklärung in bestem und geschliffenstem
Latein
verfasst und sie an
Papst
Johannes XXII. geschickt. In diesem Manifest betonte die
Führungsschicht des Landes – Landherren und Fürsten, hohe Bürger und die
gesamte kirchliche Obrigkeit – ihre Entschlossenheit, die Unabhängigkeit
Schottlands zu verteidigen. Gleichzeitig wollten sie Robert auch weiterhin
unterstützen – es sei denn, er würde sich den Feinden des Landes (also an
erster Stelle dem englischen König) beugen. Als erste ihrer Art im
mittelalterlichen Europa ist diese Willenserklärung die Antwort einer
unterdrückten Nation auf die Politik viel stärkerer Mächte, die ihre
Freiheit bedrohten, sowie ein Ausdruck schottischen Eigenbewusstseins.
Schottland hebt sich damit unter den anderen europäischen Nationen, in
deren Selbstverständnis das Gottesgnadentum der Krone grundlegend war,
singulär hervor. Diese „Deklaration von Arbroath“ hat dennoch nie die
Bekanntheit der berühmten
Magna Carta erreicht, die 1215 von der englischen Obrigkeit dem
dortigen König John abgerungen worden war.
Zwar hielt der Krieg zwischen England und Schottland noch an, doch
wurde 1328 die Unabhängigkeit des Landes durch den englischen König
Edward III. im so genannten
Abkommen von Edinburgh und Northampton anerkannt. Robert the Bruce
starb 1329. Sein Sohn
David II. wurde, erst fünf Jahre alt, zum König Schottlands
ausgerufen.
Die Engländer griffen weiterhin in die schottische Politik ein und
ermutigten
Edward Balliol, Sohn des glücklosen
John Balliol, als Gegenkönig nach der schottischen Krone zu greifen.
Der junge David II. musste ins verbündete Frankreich in Sicherheit
gebracht werden. Edward Balliol wurde aber von königstreuen Fürsten
vertrieben. Edward III. nutzte die Gelegenheit, um 1333 erneut nach
Schottland zu marschieren. Er gewann einen großen Teil des schottischen
Südens nach seinem Sieg in Halidon Hill. Der zurückgekehrte David fiel
1346 mit französischen Truppen in England ein, geriet jedoch in der
Schlacht von Neville’s Cross in Gefangenschaft. Als 1348 die Pest in
England wütete, sahen einige Schotten darin eine Möglichkeit, das
geschwächte Land zu erobern, wie Henry Knighton in seiner Chronik
berichtet (S. 61 f.). Die Epidemie tötete, unter der Annahme, dass sie
ähnlich viele Opfer forderte wie in England, in mehreren Wellen etwa die
Hälfte der rund eine Million Einwohner Schottlands.
1357 konnte der König infolge des Interimsvertrags von Berwick aus
Frankreich zurückkehren, allerdings gegen Zahlung von 100.000 Mark.
Ungefähres Verbreitungsgebiet der drei großen Sprachen
Schottlands um 1400:
Robert Stewart – durch seine Mutter
Marjorie Bruce ein Enkel von Robert I. – war der Neffe von David II.
Sein Vater hatte das Amt seiner Vorväter – Lord High Steward of Scotland –
in seinen Namen übernommen (der
Lord High Steward ist auch heute noch einer der höchsten
Repräsentanten der Krone). Für die Zeit, in der David in England
gefangengehalten wurde, übernahm Robert die Regierungsgeschäfte in seinem
Namen. Durch die Zahlung des überaus hohen Lösegelds an England
ermöglichte er ihm die Rückkehr auf den Thron.
Schottland litt demzufolge nach 1357 unter einer enormen Steuerlast,
1361 folgte eine zweite Pestwelle. Als David II. 1371 kinderlos starb,
hinterließ er seinem Nachfolger
Robert II. ein von Hunger und seit 1349 von der Pest geschwächtes
Land. Robert, Sohn von Walter the Steward und Marjorie, der Tochter
Roberts I., folgte dem erbenlosen König als Inhaber des Steward-Titels.
Die Stewart-Dynastie herrschte in Schottland bis 1702.
Stewart-Dynastie, Konflikt mit England, Reformation und Gegenreformation
Mit
Robert II. saß ab 1371 zum ersten Mal ein Angehöriger des
Hauses Stewart auf dem Thron. Diese Dynastie stellte über 350 Jahre
lang die Könige der Schotten, später auch die von England. Auf der Seite
Frankreichs trat Schottland in die Kämpfe zwischen Frankreich und England
ein, die als
Hundertjähriger Krieg bekannt sind. Frankreich nutzte Schottland als
Aufmarschgebiet.
Olivier de Clisson sollte aus dem Mündungsgebiet der Themse nach
London vorstoßen, der Admiral
Jean de Vienne von Norden her angreifen.
Doch Clisson kam gar nicht erst nach England, und auch die französischen
Operationen des Jahres 1385 in der Grafschaft Durham waren ohne
nennenswerte Erfolge. Im Gegenteil sahen sich die Engländer veranlasst,
nach Schottland vorzustoßen und Edinburgh zu plündern. 1386 und 1387
plante Frankreich neue Invasionen, doch kamen sie nicht zur Ausführung.
1388 gelang den Schotten in der
Schlacht von Otterburn
ein Sieg über die Engländer, ein Krieg, der 1390 beendet werden konnte,
doch unterlagen sie am 14. September 1402 bei Humbleton Hill (auch
Homildon Hill)
unter hohen Verlusten, nachdem
Heinrich IV. 1400 in Schottland eingefallen war.
Auch
Robert III. (John Stewart), der den Thron 1390 bestieg, waren keine
großen politischen Erfolge beschieden. Da er durch einen Unfall teilweise
gelähmt war, wurden die Regierungsgeschäfte von seinem Bruder
Robert, dem ersten Herzog von Albany, wahrgenommen. Dieser brachte im
Kampf um die Macht wahrscheinlich seinen eigenen Neffen um – den ältesten
Sohn von Robert und Thronfolger
David.
Roberts Sohn
James I., in der deutschsprachigen Historiographie als Jakob I.
bekannt, wurde zwar 1406 König von Schottland, konnte den Thron aber nicht
einnehmen, da er zu diesem Zeitpunkt in Gefangenschaft am Hof des
englischen Königs
Henry IV. saß. Sein Onkel Robert Stewart, nach dem Tode Roberts III.
zum Statthalter ernannt, hatte keine Eile, das verlangte Lösegeld
aufzubringen; die Summe von 40.000 Pfund wurde erst 1420 bezahlt. Im Mai
1424 wurde er nach seiner Rückkehr gekrönt. James gelang es während seiner
Regierungszeit, die rivalisierenden
Hochlandclans und die einflussreichen
Lords of the Isles in Schach zu halten, sowie 1428 die Auld
Alliance mit Frankreich zu erneuern. Er verfocht ein starkes Königtum.
Im Februar 1437 wurde er jedoch von schottischen Adligen unter Führung von
Walter Stewart und Robert Graham ermordet. Letzterer war von 1425 bis
1428 gefangengehalten worden. Nach einer militärischen Niederlage hatte
Robert Graham versucht, den König zu verhaften, wurde jedoch selbst
gefangengesetzt und ins Exil geschickt.
Darstellung Jakobs II. aus dem 17. Jahrhundert mit dem Zusatz
„Dei gratia Rex Scotorum“ („von Gottes Gnaden König der
Schotten“)
Als
James II. (Jakob II.) kam sein Sohn 1437 mit sieben Jahren auf den
Thron. Die
Rosenkriege, die in dieser Zeit in England als Thronfolgekriege
zwischen den Fürstenhäusern
York
und
Lancaster tobten, schwächten den südlichen Nachbarn. Das begünstigte
den Frieden im schottischen Reich und gestattete eine Ausdehnung des
Handels. In seiner Regierungszeit wurde 1451 – nach der bereits 1410/1413
entstandenen
Universität St Andrews – die zweite Universität in
Glasgow
gegründet.
1495 wurde die
Universität Aberdeen gegründet. Edinburgh dürfte um diese Zeit auf
etwa 10.000 Einwohner angewachsen sein.
James II. starb 1460 auf dem Höhepunkt seiner Macht.
Sein Sohn
James III. heiratete 1468
Margarethe von Dänemark und konnte auf diese Weise die
Orkneys
und die
Shetlands – zunächst als Pfand
– ins Königreich eingliedern. 1472 gelang ihm nach langen Versuchen die
Erhebung von
St
Andrews zum Erzbistum. Papst
Coelestin III. wehrte Ansprüche englischer Erzbistümer ab, indem er
die Schottische Kirche, die Ecclesia Scoticana, die ja bereits 1176
dem englischen Einfluss entzogen worden war, dem Papst unterstellte. Deren
enge Beziehung zu Rom hatte sich schon darin gezeigt, dass sie den
Avignoneser Päpsten bis zuletzt (1418) verbunden geblieben war; zudem
waren schottische Kleriker 1296 so weit gegangen zu behaupten, es sei
ebenso ehrenvoll, die Engländer zu bekämpfen wie die Sarazenen.
Die Kirche Schottlands spielte für den Widerstand gegen englische
Ambitionen eine überaus wichtige Rolle, zumal die englischen Universitäten
für schottische Studenten ab 1378 verschlossen waren und diese stattdessen
nach Frankreich gehen mussten, wo sie jedoch ab 1408 ebenfalls nicht mehr
zugelassen waren. Die Gründung der Universität St Andrews war eine
unmittelbare Konsequenz aus diesem Dilemma. Jakobs Regierungszeit
zeichnete sich durch innenpolitische Kämpfe mit dem schottischen Adel aus,
wobei die weltlichen Mächte zunehmend die Kontrolle über kirchliche Mittel
an sich zogen. Zugleich verweigerte der König die Durchführung von
Reformen. Nach der
Schlacht von Sauchieburn gegen eine Gruppe von Aufständischen, die
vielleicht von seinem Sohn unterstützt wurden, wurde er am 11. Juni 1488,
der Legende nach von einem als Priester verkleideten Täter, ermordet.
Der Sohn des Getöteten kam im Alter von 16 Jahren als
James IV. auf den Thron. 1493 erlangte er die Lordship of the Isles,
die Herrschaft über die westlichen Inseln. Um 1500 bestanden fast 1000
Pfarrkirchen im Land. Außenpolitisch war er weniger erfolgreich. Aus
politischen Gründen heiratete er 1503
Margaret Tudor, die Schwester
Heinrichs VIII. Aufgrund der alten Allianz mit Frankreich (Auld
Alliance) wandte er sich jedoch gegen den englischen König und wurde
in der
Schlacht von Flodden Field geschlagen und getötet. Sein Sohn war 1512
in
Linlithgow geboren worden und erst 17 Monate alt, als er seinem Vater
als Jakob
V. im Jahr 1513 auf den Thron folgte.
Seit Beginn der
Reformation gab es neben dem politischen auch noch ein kirchliches
Element in den internationalen Beziehungen. Große Teile des heutigen
Deutschland und
Skandinaviens hatten sich bis Mitte der 1530er Jahre von der
römisch-katholischen Kirche losgesagt. Weil der Papst die Scheidung
des englischen Königs von seiner Frau
Katharina von Aragón nicht akzeptierte, löste sich 1534 dieser dann
auch von Rom.
Rom zielte darauf ab, das Land im Norden Britanniens zu einem wichtigen
Stützpunkt für die
Gegenreformation unter der Führung Spaniens oder Frankreichs zu
machen. Andererseits war England bestrebt, gemeinsam mit Schottland ein
protestantisches Großbritannien als Gegengewicht zu den
römisch-katholischen Mächten des Kontinents zu bilden. Heinrich VIII. bot
deshalb dem jungen Jakob V. seine Tochter Mary (später Mary „die
Katholische“ oder „Bloody Mary“) zur Frau an. Doch der lehnte ab. James
wies darüber hinaus die weiteren englischen Vorschläge zurück und
entschloss sich stattdessen, Schottland in das französisch-päpstliche
Lager zu bringen. Neben seiner Suche nach einer reichen Mitgift war das
einer der Gründe für seine Ehen mit zwei Französinnen. Im Januar 1537
heiratete er
Madeleine, Tochter des französischen Königs
Franz I., die jedoch im Juli desselben Jahres starb. Kurz darauf nahm
James in zweiter Ehe
Marie de Guise zur Frau. Am 24. November 1542 kam es im Südwesten des
Landes zur
Schlacht von Solway Moss gegen seinen Onkel Heinrich VIII., bei der
die schottischen Streitmächte vernichtend geschlagen wurden. Nur drei
Wochen nach der Schlacht starb James V., und sein einziges ihn
überlebendes legitimes Kind, die gerade sechs Tage alte
Maria, wurde seine Nachfolgerin.
Maria Stuart, französisch-englischer Gegensatz, Konfessionskriege
(1543–1587)
Bereits kurz nach ihrer Geburt wurde Maria Stuart von ihrem Regenten
Arran dem jungen englischen Prinzen
Edward versprochen. Das Versprechen wurde vom
schottischen Parlament für ungültig erklärt, was zu einem neuen Krieg
mit England und am 10. September 1547 zur katastrophalen Niederlage der
schottischen Armee in der
Schlacht bei Pinkie östlich von Edinburgh führte, in der 6.000 bis
15.000 Schotten fielen.
Miniatur von Franz II. und Maria um 1558
Währenddessen versteckte
Marie de Guise ihr Kind zunächst, und man brachte es am 7. August 1548
nach Frankreich zu ihrer am französischen Hof einflussreichen
Familie. Der darüber geschlossene Vertrag sah vor, dass sie den
ältesten Sohn des französischen Königs
Henri II. und seiner Frau
Katharina von Medici heiraten solle. Am 24. April 1558 heiratete Maria
wie vereinbart den Kronprinzen
François. Sie unterzeichnete ein geheimes Abkommen, in dem sie
versicherte, ihr Königreich sowie ihren Anspruch auf den englischen Thron
an Frankreich abzutreten, sollte sie kinderlos sterben. 1559 starb der
französische König durch einen Unfall, und Marias Ehemann wurde als
Franz II. inthronisiert. Bereits ein Jahr später starb der 16-jährige
König. Marias Schwiegermutter wurde Regentin für ihren
dritten Sohn, den neuen König.
Maria Stuart war, nachdem es zu Kämpfen zwischen der hugenottischen und
der katholischen Fraktion gekommen war (die den Auftakt zu den
Hugenottenkriegen bildeten), nach 13 Jahren bei Hof nun unerwünscht.
Frankreich zog seine Truppen aus Schottland ab, ließ Maria fallen und
erkannte die Herrschaft
Elisabeths I. über England an. Maria erreichte am 14. August 1561
Edinburgh. Sie bestand darauf, ihre katholische Konfession beizubehalten,
was das Misstrauen von
John
Knox und anderen Reformatoren hervorrief. Der Witwe wurden nun die
Könige von Schweden, Dänemark und Frankreich, der
Erzherzog Karl von Österreich,
Don
Carlos von Spanien, die Herzöge von
Ferrara,
Namur und
Anjou, der
Earl of
Arran und der
Earl of Leicester als Ehemänner vorgeschlagen, letzterer 1563 von
ihrer Rivalin Elisabeth. An Don Carlos zeigte Maria Interesse, doch König
Philipp II. fürchtete, dass diese Ehe ihn zu sehr in Gegensatz zu
England gebracht hätte.
Schließlich verliebte sie sich 1565 in ihren neunzehnjährigen Cousin
Henry Stewart, Lord Darnley, den Sohn des Grafen von
Lennox. Die beiden wurden am 19. Juli 1565 getraut. Die Eheschließung
führte zu einer schnell niedergeschlagenen Rebellion unter der Führung von
Moray und den Hamiltons gegen das katholische Paar. Maria gewährte
ihrem Ehemann zwar den königlichen Titel, räumte ihm aber keine
Machtbefugnisse ein.
Nach Morays Aufstand wurde ihr Sekretär
David Riccio zu ihrem Hauptberater. Darnley sah in Riccio das größte
Hindernis auf seinem Weg zum Thron und schmiedete gemeinsam mit
protestantischen Rebellen um den Grafen Moray, Ruthven und Morton ein
Komplott. Am 9. März 1566 drangen sie gemeinsam in das Esszimmer der
Königin im Palast von Holyroodhouse ein und erstachen Riccio im Vorzimmer.
Maria konnte fliehen.
Maria in englischer Gefangenschaft, 1575
Am 19. Juni 1566 wurde ihr Sohn James in Edinburgh Castle geboren. In
der Nacht zum 10. Februar 1567 wurde das Haus, in dem sich Darnley, an
Pocken erkrankt, aufhielt, durch eine Schießpulverexplosion vollständig
zerstört. Der Hauptdrahtzieher dieses Attentats war sehr wahrscheinlich
der Maria ergebene
James Hepburn, Graf Bothwell. Er wurde des Mordes angeklagt; das
Gericht sprach ihn frei. Zwölf Tage später entführte Bothwell die Königin
auf ihrem Weg von Stirling nach Edinburgh auf seine Burg nach
Dunbar. Am 3. Mai ließ er sich von seiner Frau scheiden, am 12. Mai
vergab Maria ihrem Entführer öffentlich, indem sie ihn zum Herzog von
Orkney erhob; am 15. Mai (drei Monate nach der Ermordung ihres zweiten
Gatten) heirateten die beiden.
Flugschrift zu „Execution Oder Todt Marien Stuarts Königinnen
aus Schottlandt“, Erfurt 1587 ( Volltext)
Der Ruf nach Abdankung wurde laut, und als sich ihr eigenes Heer gegen
sie wandte, musste sich Maria am 15. Juni 1567 ergeben und im
Loch Leven Castle gefangensetzen lassen. Am 24. Juli unterzeichnete
sie ihre Abdankung zugunsten ihres Sohnes, der fortan als König
James VI. regierte. Doch bis 1573 bekämpften sich noch ihre Anhänger
und die ihres Sohnes. Unterdessen gelang Maria am 2. Mai 1568 die Flucht
von Loch Leven Castle. Erneut führte sie eine Armee von 6000 Mann an;
diese wurde am 13. Mai bei
Langside in der Nähe von
Glasgow
vernichtend geschlagen. Maria flüchtete nach
Carlisle,
wo sie ihre Cousine und Rivalin, Königin
Elisabeth, um Unterstützung bitten wollte.
Elisabeth fühlte sich jedoch von Maria bedroht. Als Tochter
Heinrichs VIII. war sie protestantisch und wurde von vielen englischen
Katholiken nicht unterstützt – diese betrachteten stattdessen Maria
Stuart, die katholische Urenkelin
Heinrichs VII., als legitime Thronfolgerin. Deshalb wurde Maria in den
19 Jahren nach ihrer Flucht von Vasallen Elisabeths eingesperrt, zuletzt
in
Fotheringhay. Schließlich wurde die
Babington-Verschwörung, die die Ermordung Elisabeths und die Befreiung
Marias vorsah, aufgedeckt und Maria der Mitwisserschaft beschuldigt. Ihr
wurde in England wegen
Hochverrats der Prozess gemacht, das Todesurteil am 25. Oktober 1586
gefällt, am 8. Februar 1587 wurde sie
enthauptet.
Neben dem Katholizismus und der anglikanischen Kirche bestanden weitere
konfessionelle Gruppen. Der englische
Puritanismus, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden,
war vom Genfer
Calvinismus und von den
Hugenotten beeinflusst und forderte eine liturgische und moralische
Erneuerung der Kirche. Er erhielt zwar erst mit
Oliver Cromwell zwischen etwa 1640 und 1660 seine entscheidende
politische Durchschlagskraft, doch der Kampf um den Episkopat spaltete
auch schon früher die schottische Gesellschaft.
Union mit England
Personalunion, schottische Revolution und Bürgerkrieg (1603–1660)
James, der gegen die Hinrichtung seiner Mutter lediglich der Form
halber protestiert hatte, hielt sich auch in Sachen Religion in Schottland
diplomatisch zurück. Um auch weiterhin seine Thronansprüche als Verwandter
der kinderlosen Elisabeth von England nicht zu gefährden, stimmte er 1586
sogar dem
Vertrag von Berwick zu.
Dieser Vertrag war ein Schutzbündnis gegen Frankreich, jahrhundertelang
ein Verbündeter Schottlands.
Mit dem Tod Elisabeths im Jahr 1603 bestieg
James VI. als direkter Verwandter und Nachkomme von
Heinrich VII. den englischen Thron und wurde damit König James I. von
England. Beide Länder wurden fortan in einer
Personalunion von einem Monarchen regiert, behielten jedoch eigene
Parlamente, ein separates Verwaltungs- und Rechtswesen sowie eine eigene
Nationalkirche.
Nach dem Regierungsantritt James’ zentrierte sich das politische Leben
fortan um das englische London. Der König zog mit seinem gesamten Hofstaat
von Edinburgh dorthin und kehrte nur noch ein einziges Mal (1617) nach
Schottland zurück. James versuchte zwar, neu zu vergebende Ämter
gleichmäßig mit Engländern und Schotten zu besetzen und eine weitergehende
Union der beiden Staaten voranzubringen. Verständlicherweise trafen diese
Versuche jedoch bei der politischen Elite Englands auf wenig Gegenliebe
und blieben im Anfangsstadium stecken.
James’ zweiter Sohn
Charles I. wurde zwar in
Dunfermline in Schottland geboren, wuchs jedoch in England auf und war
bei seiner Thronbesteigung 1625 mit den schottischen Verhältnissen nicht
sehr vertraut. Sein ältester Bruder Henry, der eigentliche Kronprinz,
starb 1612 im Alter von 18 Jahren. Die Schwester
Elisabeth heiratete den Deutschen
Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz. Dieser wiederum wurde 1619 zum
böhmischen König Friedrich I. gewählt, jedoch ein Jahr später, zu Beginn
des
Dreißigjährigen Krieges, ins Exil gezwungen.
Charles führte zwar die
Royal
Mail ein, machte sich aber durch hohe Steuern und Abgaben sowie durch
seinen extravaganten Lebensstil äußerst unbeliebt. Die größten Probleme im
Umgang mit Schottland bereiteten ihm aber sein Festhalten am
Gottesgnadentum der Krone sowie sein Versuch, die episkopale
anglikanische Kirchenordnung im schon seit 1560
calvinistisch reformierten Schottland durchzusetzen, in dem die
Church of Scotland eine bischöfliche Hierarchie zugunsten der
presbyterialen Kirchenverfassung strikt ablehnte.
Edinburgher Kopie der Erklärung von 1638 (National Covenant),
die die Unabhängigkeit der schottischen reformierten Kirche
und die Abschaffung des Episkopats verlangte
Der verbreitete Unwille zeigte sich 1637 im Aufruhr in Edinburghs
Kathedrale
St. Giles. Als dort erstmals die neue
Liturgie
eingeführt wurde, beschwor das den Zorn der von
John
Knox reformierten Gemeinde herauf. Ein Teil verließ die Kirche und
protestierte vor ihr lautstark, und der Bischof musste Hals über Kopf
fliehen. Das Ganze gipfelte 1638 darin, dass sich der reformierte
schottische Adel und das Bürgertum in dem so genannten
National Covenant zusammenschlossen. In dieser Erklärung erkannten sie
zwar die weltliche Herrschaft des Königs an. Sie forderten aber mit
Nachdruck die Unabhängigkeit der neuen,
reformierten Kirche von weltlichen Einflüssen und die Abschaffung der
bisherigen Hierarchien zugunsten eines Presbyteriums. Die Mitglieder der
Bewegung nannten sich seitdem „Covenanters“.
1638 nutzte diese einflussreiche Gruppe die Generalversammlungen der
Nationalkirche (unter dem Moderator
Alexander Henderson) und des schottischen Parlaments, um das
Bischofswesen abzuschaffen. Unterstützung erhielt die Revolution aus
Schweden und den Niederlanden. Auch streckte man 1639 bis 1640 Fühler nach
Paris aus, um dort wieder einen Verbündeten zu gewinnen.
Auf ähnliche Widerstände stieß Charles I. auch in England. Hier
regierte er als absoluter Souverän seit 1629 sogar ohne das ihm unbequeme
Parlament. Doch musste er es 1640 wieder einberufen, um sich die
Bekämpfung der religiösen Unruhen in Schottland finanzieren zu lassen,
zumal die Einmischung Frankreichs drohte. Aus den alten Differenzen
zwischen dem König und dem englischen Parlament in London entbrannte
schließlich der
englische Bürgerkrieg, der von 1642 bis 1648 andauerte. In seinem
Verlauf setzte das puritanisch dominierte
Parlament die neu geschaffene
New Model Army unter
Oliver Cromwell gegen den König ein. Im Sommer 1643 unterzeichnete das
englische Parlament einen „Solemn League and Covenant“. Dieser Akt
verpflichtete es den Covenanters gegenüber, um des schottischen Beistandes
gegen die Royalisten willen den
Presbyterianismus auch in England und Irland einzuführen und dazu auch
noch eine hohe Geldsumme zu zahlen.
Unterdessen bildete sich in Schottland unter
James Graham, dem Grafen von
Montrose, in den Highlands eine Royalistenstreitmacht, die die
Covenanters erbittert bekämpfte, jedoch niemals die Unterstützung der
Lowlands erlangte und mit der Niederlage des Königs aufgelöst wurde.
Zunächst kämpfte die Mehrzahl der Schotten also für die Sache des
englischen Parlaments, aber das änderte sich, als sich Charles der
schottischen Armee ergab. Er lehnte es ab, die presbyterianische Kirche in
England zu etablieren, und so übergaben die Schotten ihren König an die
Puritaner. Die Engländer ließen Charles am 30. Januar 1649 vor
Whitehall hinrichten. Die an sich königstreuen Schotten waren über die
Hinrichtung des Königs derart entsetzt, dass sie seinen Sohn in Edinburgh
kurz danach zum König ausriefen und am 1. Januar 1651 in
Scone inthronisierten.
Charles II. war der letzte König, der dort gekrönt wurde.
Oliver Cromwell schlug 1650/51 mit seinen Elitetruppen, den
Ironsides, die Schotten zunächst bei
Dunbar und dann nochmals bei
Worcester in England. Charles kämpfte an der Spitze des schottischen
Heeres, doch nach seiner Niederlage in Worcester musste er auf einer
abenteuerlichen Flucht ins Ausland fliehen. Schottland wurde danach von
Cromwells Armee besetzt. Bis 1654 erstickte sein
General Monck im Hochland auch den letzten royalistischen Widerstand.
Insgesamt dauerte die Besetzung Schottlands bis zum Tod Oliver Cromwells
(1658). Obwohl Cromwells Sohn die Nachfolge seines Vaters antrat,
scheiterte er und wurde abgesetzt. Das von Monck neu einberufene Parlament
sorgte für die Restauration der Monarchie, indem es Charles einlud, nun
auch den englischen Thron zu besteigen.
Kampf um die Bistumsfrage, Covenants, Killing Times, erneute
Konfessionskämpfe
Nach seiner
Deklaration von Breda im Jahr 1660, in der er für jedermann
Religionsfreiheit versprach, wurde Charles II. in London inthronisiert.
Obwohl er in religiösen Angelegenheiten zunächst zurückhaltend war,
betrachtete Charles die Partei der Covenanters in Schottland als Bedrohung
seiner dortigen Autorität. 1662 widerrief er den von ihm zunächst
widerstrebend unterzeichneten Covenant und setzte dafür in der Kirche das
Episkopat wieder ein.
Charles betrat nie wieder schottischen Boden und ließ sich dort durch
John Maitland, den Herzog von
Lauderdale, vertreten. Dieser versuchte ebenfalls mit Nachdruck das
Episkopat in Schottland durchzusetzen. Das Ergebnis war, dass es besonders
in dem im Südwesten liegenden
Dumfries and Galloway zu blutigen Auseinandersetzungen kam. Zwei
Aufstände gab es 1666 und 1679 (das
Pentland Rising[93]
und die
Schlacht bei Bothwell Bridge) – sie wurden beide blutig
niedergeschlagen.
Die Anhänger des Covenant trafen sich in Konventikeln, die in
Privathäusern oder sogar unter freiem Himmel Gottesdienste abhielten und
teilweise sogar von bewaffneten Männern bewacht wurden. Auf der einen
Seite gab es die moderat reformierten Königstreuen, auf der anderen die
extremen, reformierten Anhänger des Covenant. 1668 oder 1669
konvertierte Jakob zum Katholizismus. Seine protestantischen Gegner im
Parlament unter der Führung von
Anthony Ashley-Cooper erreichten mit der Verabschiedung der
Testakte,
dass alle Staatsbediensteten einen Eid ablegen mussten, der mit der Lehre
der römisch-katholischen Kirche unvereinbar war. Außerdem mussten sie nach
dem Ritus der
Church of England die Kommunion empfangen. Der Herzog von York, der
spätere König
James II., weigerte sich, den Eid abzulegen und die Kommunion zu
empfangen. König Charles II. widersetzte sich dem Konfessionswechsel
seines Bruders und verlangte, dass die Kinder des Herzogs als Protestanten
erzogen wurden. Dennoch erlaubte er seinem Bruder, 1673 die Katholikin
Maria von Modena zu heiraten.
Der Herzog von York entschloss sich angesichts des starken Widerstands
in England, das Land zu verlassen und nach
Brüssel
zu gehen. 1680 wurde er jedoch zum Lord High Commissioner von Schottland
ernannt. Die damit verbundene Verfolgung der Presbyterianer gipfelte in
rücksichtslosen Kämpfen und Massakern. Sie ging in die Geschichte ein als
die „Killing Times“ – die „Jahre des Tötens“ –, die ihren Höhepunkt
zwischen 1681 und 1689 erreichten. 1683 kam es zu einem Anschlagsversuch
(dem
Rye House Plot), der die Tötung des Königs und seines Bruders vorsah.
Der König starb ohne legitime Nachkommen am 6. Februar 1685.
Der Herzog von York bestieg 1685 als
James II. den englischen Thron und wurde damit James VII. in
Schottland. Er versuchte, Großbritannien zu rekatholisieren. Als sein
einziger Sohn James, der künftige Thronfolger aus zweiter Ehe, dann auch
noch
katholisch getauft wurde, befürchtete die Mehrzahl der englischen
Protestanten eine langfristige Dominanz des Katholizismus.
Glorreiche Revolution, presbyterianische Staatskirche, Jakobiten
In der
Glorious Revolution von 1688 beschloss das englische Parlament in
London, Jakob II./VII. abzusetzen und der protestantischen Tochter von
Jakob –
Maria – und deren protestantischem Ehemann
Wilhelm von Oranien, Statthalter der
Niederlande, den Thron anzutragen. Sowohl die parlamentsnahen
Whigs als auch die Mehrheit der ansonsten königstreuen
Tories befürworteten die Einladung. Nach diesem (bis dahin) unblutigen
Umsturz floh Jakob II./VII. ins französische Exil. Das schottische
Parlament in Edinburgh erkannte Wilhelm ebenfalls als König an. Es gelang
ihm in der Folge, wie dem englischen Parlament, seine Rechte zu mehren. So
musste es fortan regelmäßig einberufen werden und führte den
Presbyterianismus wieder als Staatskirche ein.
In den schottischen Highlands hingegen war die Unterstützung des
rechtmäßigen Stuart-Königs noch sehr groß. Wilhelm ließ die zögernden
Clanchefs des Hochlands unter Druck einen Treueeid auf die Fahne schwören,
was von den meisten nur äußerst widerstrebend befolgt wurde. Die
Jakobiten waren Stuart-Anhänger, die sich in England, Irland und vor
allem in Schottland nach ihrem ehemaligen König Jakob benannten. Sie
hielten in der Folge besonders im schottischen Hochland und im Nordosten
um Aberdeen an der Stuart-Dynastie fest. In uralter Tradition fühlten sich
dort die Clanchefs und Feudalherren trotz religiöser Differenzen durch
ihren Treueeid dem König verbunden. Jetzt trat die bisher ungekannte
Situation ein, dass der neue, protestantische König Wilhelm von ihnen
ebendiesen Treueeid forderte, während der ins Exil geflohene James noch
lebte.
Als dann aber der Chef der
MacDonalds von
Glencoe um fünf Tage verspätet zu der Eidesleistung eintraf, sah
Wilhelm die Gelegenheit, ein Exempel zu statuieren. Er ließ 1692 durch
seinen schottischen Vertreter im Tal Glencoe ein
Massaker unter den Angehörigen des MacDonald-Clans anrichten. Die
Loyalität zu London erlitt dadurch einen schweren Schlag.
Darién-Projekt, Staatsbankrott
Während England zunehmend von seinen Kolonien profitierte, war
Schottland vom Zugang ausgeschlossen. Der schottische Kaufmann und
Finanzexperte
William Paterson, der in London die
Bank of England gegründet hatte, glaubte, er habe eine Lösung für das
Dilemma. Er gründete eine Handelsgesellschaft, die
Company of Scotland, und plante, eine Kolonie in der Region des
heutigen
Panama zu gründen. Die englische
East India Company opponierte jedoch gegen das Projekt. Das Projekt
wurde demzufolge ein rein schottisches. Das am 13. November 1695 in London
eröffnete Subskriptionsbuch brachte binnen kurzer Zeit 300.000 Pfund
zusammen, doch englische Kaufleute wurden davon abgehalten, in das
Darién-Projekt zu investieren. Es konnte also nur schottisches Kapital
eingesammelt werden. Die Gründung der Handelsgesellschaft erfolgte am 26.
Februar 1696. Die Hälfte des gesamten Kapitals Schottlands wurde in
Patersons Gesellschaft gesteckt, aber das Abenteuer endete als Desaster.
Das ausgewählte Gebiet, die
Kolonie New Edinburgh, war malariaverseucht, und die schottischen
Siedler wurden von spanischen Kolonialisten angegriffen. Der König gab
ausdrückliche Anweisungen, den schottischen Siedlern keine Hilfe zu
gewähren, da er sonst Konflikte mit Spanien befürchtete. Nach dem
Zusammenbruch der Kolonie war das investierte Geld verloren, 2000
schottische Siedler waren tot, bevor der Plan im Jahr 1700 endgültig
aufgegeben wurde. Schottland war bankrott.
Vollständige Union mit England (1707) und Königshaus Hannover (1714)
Zeit- und Abstammungstafel der englischen, ab 1707 britischen
Könige seit Wilhelm dem Eroberer
Angesichts der zerrütteten Finanzsituation betrieb das Königshaus die
endgültige Vereinigung Englands und Schottlands. Zunächst drängte jedoch
angesichts zahlreicher Todesfälle im Königshaus die dynastische Frage. Die
zukünftige Königin Anne verlor mit dem Tod von William, Herzog von
Gloucester, den letzten möglichen Nachfolger. Er war das jüngste ihrer 17
Kinder – seine Geschwister waren schon alle vor ihm gestorben. Der
englische
Act of Settlement von 1701 machte es danach Katholiken grundsätzlich
unmöglich, zu regieren oder ein Staatsamt zu bekleiden. Das
englische Parlament bestimmte darüber hinaus, dass die Nachfolge Annes
durch das
Haus Hannover erfolgen solle. Da sie nun kinderlos war, bestimmte Anne
die Kurfürstin
Sophie von Hannover zu ihrer Nachfolgerin. Diese war die fünfte und
einzige protestantische Tochter von
Elisabeth von Böhmen und damit eine Enkelin von James VI./I.
1703 verabschiedete das schottische Parlament ein Gesetz, das
verhindern sollte, dass Schottland durch die Nachfolger Annes in
kriegerische Unternehmen außer Landes hineingezogen wurde. Im Gegenzug
beschloss Annes Regierung 1705 den so genannten
Alien
Act. Dieses Gesetz drohte damit, alle Schotten außerhalb Englands als
Ausländer zu behandeln und sie so vom Handel mit England und seinen
Kolonien auszuschließen. Viele schottische Adlige, unter ihnen der Herzog
von Argyll
und der
Herzog von Queensberry, sahen daraufhin in der parlamentarischen Union
mit England den einzigen Weg, die Interessen ihres vom Bankrott hart
getroffenen Standes zu schützen.
Doch nach 1705 schien eine vollkommene Union weiter entfernt denn je.
Durch eine Reihe von wechselseitig herausfordernden Handlungen und
Gesetzen waren die Beziehungen auf einem weiteren Tiefpunkt angelangt.
Neben dem Zusammenbruch der
Company of Scotland, die von der englischen Regierung sabotiert worden
war, hatte das schottische Parlament 1703 durch den
Act of Security faktisch den englischen
Act of Settlement für Schottland außer Kraft gesetzt und die
Möglichkeit einer separaten Thronfolge in den beiden Ländern geschaffen.
Es beanspruchte zusätzlich, die schottische Außenpolitik zu lenken (Act
Anent Peace and War). Das englische Parlament seinerseits reagierte
auf diese Herausforderung mit einem
Handelsembargo und der Behandlung aller Schotten als Ausländer, bis
die Frage der Nachfolge sowie der politischen Union geklärt sei (Alien
Act).
Der Treaty of Union von 1707 mit dem Bildnis der
Königin
Anne
Der Abschluss der Unions-Verhandlungen von 1706/07 bot für beide Länder
Vorteile. Die schottische Wirtschaft konnte darangehen, sich zu sanieren,
da sie fortan unbegrenzten Zugang zu den wichtigen Märkten in England und
in dessen Kolonien hatte. Der schottische Staat konnte seine Schulden
nunmehr auf London abwälzen, und die Gläubiger der Scottish Company wurden
von England vollständig entschädigt. England seinerseits konnte nun die
protestantische Erbfolgeregelung des Act of Settlement in beiden Ländern
durchsetzen und musste nicht mehr befürchten, dass Schottland das alte
Bündnis mit Frankreich, die
Auld Alliance, erneuerte und dadurch die Nordflanke Englands im
Spanischen Erbfolgekrieg gefährdete.
Die Unionsvereinbarung (Act
of Union) wurde am 16. Januar 1707 mit einer Mehrheit von nur 43
berechtigten Stimmen, aber gegen den Wunsch eines erheblichen Teils der
Bevölkerung Schottlands vom schottischen Parlament ratifiziert. Das
Parlament in Edinburgh wurde aufgelöst, und Schottland entsandte fortan 45
Commons und 16
Peers ins neue
britische Parlament nach
Westminster. Bezogen auf die Bevölkerungszahl, war Schottland in der
gemeinsamen Union damit deutlich unterrepräsentiert: 45 (8,1%) der 558
Abgeordneten im Unterhaus von Westminster kamen aus Schottland, obwohl
dort etwa 15,1% der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs lebten.
Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass nur ein sehr kleiner Teil
der Bevölkerung überhaupt das Wahlrecht hatte. In ganz Schottland waren
das im Jahr 1800 bei einer Bevölkerung von etwa 1,6 Millionen nur etwa
4500 Personen.
Durch das stärkere Bevölkerungswachstum Englands kehrten sich die
Verhältnisse im Laufe der Jahrhunderte allmählich um, und ab etwa 1885
entsprach der schottische Anteil an Parlamentssitzen etwa dem Anteil an
der Gesamtbevölkerung. Ab dem Jahr 1918 war Schottland sogar
parlamentarisch in Westminster überrepräsentiert.
Die Eigenständigkeit der Church of Scotland und der Erhalt des
schottischen Rechtssystems wurden garantiert und erhebliche wirtschafts-
und steuerpolitische Konzessionen festgesetzt.
1714 starb Königin Anne. Das nunmehr britische Parlament holte Georg
von
Hannover, den deutschen Nachkommen von James VI./I., als
George I. an die Themse. Dieser König verstand wenig von der
britischen Mentalität und der Politik. Hinzu kam, dass er die Sprache
nicht beherrschte. So musste er sich von einem Premierminister, dem ersten
in der britischen Geschichte, vertreten lassen.
Die Jakobitenaufstände und die katholischen Staaten (1688–1746)
Die Geschehnisse in Schottland waren nach der Flucht von
James VII. nach Frankreich im Dezember 1688 absolut undurchsichtig und
widersprüchlich. Keine einzige größere Stadt unterstützte den katholischen
König oder kam ihm zu Hilfe. Selbst
Aberdeen,
einst eine Bastion der Stuarts, erkannte jetzt Maria und Wilhelm an. Außer
im Hochland und im Nordosten um Aberdeen gab es wenig Opposition, wenn die
Bewegung der
Jakobiter auch eine ständige Bedrohung des
Welfenkönigtums Georgs für fünfzig Jahre darstellte.
Während es in England so ausgelegt wurde, als habe Jakob mit seiner
Flucht gleichzeitig auf den Thron verzichtet, trat das schottische
Konventionsparlament am 4. April 1689 mehrheitlich dafür ein, Jakob die
Krone abzunehmen. In Schottland war diese Entscheidung aus einem einzigen
Grund heraus getroffen worden – das Parlament sah die Monarchie seit
Hunderten von Jahren als eine vertraglich gebundene, fast konstitutionell
zu nennende Monarchie an (siehe oben: Robert the Bruce).
Der Oranier William war der Sohn Marys, der Tochter von Charles I.
William war protestantisch und heiratete Mary, die Tochter von James VII.,
die ebenfalls eine Protestantin war. Für einige war das die perfekte
protestantische Alternative zu dem katholischen James. Erstmals erhoben
sich in Schottland die katholischen Royalisten
im Aufstand von 1689 unter der Führung von
John Graham of Claverhouse, genannt
Bonnie Dundee. Eine Racheaktion, die in das
Massaker von Glencoe ausartete, rief dessen ungeachtet im westlichen
Hochland viel Sympathie für die Jakobiten hervor. Sehr schnell wurde
nämlich klar, dass der König in London sich herzlich wenig für schottische
Belange interessierte. Er ratifizierte englische Gesetze des englischen
Parlaments, die die englischen Kolonien stärkten und den englischen Handel
beschützten, Schottland aber von allem ausschlossen.
Das Besondere der verworrenen politischen Situation war, dass ihr die
Nachfolgeschaft der Stuarts zu Grunde lag. Das wird durch
die Aufstände der Jakobiten in den Jahren 1715, 1719 und letztlich
1745 vollends klar, doch dazwischen und nur ein Jahr nach der Union fand
1708 schon eine Rebellion statt. Im Quadrat zwischen dem im Exil lebenden
Hof von James VII./II., dem unzufriedenen schottischen Tieflandadel, den
Hochlandchiefs und der französischen Regierung wurde von 1700 an und in
den darauf folgenden 40 Jahren zunächst von Frankreich und später auch von
Rom aus immer wieder ein doppeltes Spiel gespielt: Französische Hilfe hing
jeweils davon ab, ob weitgehende Unterstützung eines Aufstands in
Schottland selbst gewährleistet schien. Dagegen war das schottische
Engagement wiederum davon abhängig, wie weit militärische Unterstützung
und Material von Frankreich aus zugesichert wurden.
Die Regierung reagierte auf diesen letzten Aufstand sehr entschieden
und mit drakonischen Maßnahmen. Über das bereits in den 1730er Jahren
ausgebaute Wege- und Straßennetz wurden Truppen ins Hochland gebracht und
dort an strategisch wichtigen Punkten in Festungen wie dem speziell dafür
gebauten riesigen
Fort George in der Nähe von Inverness postiert.
Die am Aufstand beteiligten Clanchiefs und oft auch die Clanmitglieder
mussten ins Ausland fliehen oder wurden hingerichtet. Durch den
Act of Proscription, der neben dem Besitz von Waffen auch das Tragen
der traditionellen Hochlandkleidung weitgehend unter Strafe stellte, wurde
das Clansystem der Highlands endgültig zerschlagen. Die Wirtschafts- und
Sozialstruktur im Hochland wurde drastisch geändert. Was blieb, war aber
die romantische Erinnerung an den letzten katholischen Stuart –
Bonnie Prince Charlie.
Die
Schottische Aufklärung
David Hume, Philosoph im Zeitalter der Aufklärung
Robert Burns, Schottlands „Nationaldichter“
James Watt, der Erfinder der modernen Dampfmaschine
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war Schottland mit seinen vielleicht 1,2
Millionen Einwohnern noch eines der ärmsten Länder in Europa; seine
Landbevölkerung war gezwungen,
ihre Dörfer zu verlassen, um Schafen Platz zu machen. Diese
Landwirtschaft war jedoch bald kaum mehr konkurrenzfähig, und Industrie
existierte noch nicht. Die einzigen Exportprodukte waren Tierhäute, Holz,
Kohle, Salz und Wolle oder Leinen. Doch ein Jahrhundert später war
Schottland auf dem Weg der Industrialisierung. Zunächst begann aber die
Zeit der Schottischen Aufklärung. Sie brachte herausragende
Persönlichkeiten auf den Gebieten der Kunst und Literatur, der
Wissenschaften, der Technik und der Architektur hervor.
Die Wurzeln dafür lagen in der Zeit, als London die wirtschaftliche
Entwicklung nach der Union von 1707 und das Ende der Jakobitenaufstände
nutzte, um eine grundlegende Änderung der Bodennutzung herbeizuführen.
Dazu trugen die Erkenntnisse und Erfahrungen der Land- und Bodenbesitzer
bei, die auf europäischen Reisen, der so genannten
Grand
Tour, gewonnen wurden. Nach Schottland zurückgekehrt, setzten sie
diese Kenntnisse in die Tat um, verbesserten sie zum Teil und passten sie
den Bedingungen des Landes an.
Kaum eine Generation nach
Culloden wurden die Städte Glasgow und Edinburgh bekannt als Stätten
geistiger Produktivität. Der Romancier
Tobias Smollet (1721–1771) konnte seinen Helden Matthew Bramble
in dem Briefroman Humphrey Clinker (1771) gar feststellen lassen:
„Edinburgh ist eine Brutstätte des Genies“ („hot-bed of genius“).
Innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelte sich dort eine geistige Elite,
die selbst auf dem Kontinent ihresgleichen suchte.
Das Scottish Enlightenment, die Schottische Aufklärung, hatte
sein Zentrum in Edinburgh. Dort entstand die erste Fortschrittstheorie in
Britannien, vertreten von den schottischen Philosophen
David
Hume (1711–1776) und
Adam Ferguson (1723–1816). Sie erkannten in der historischen Tragödie
ihres eigenen Landes die gesamte Spannweite der humanen sozialen
Entwicklung: von Sammlern und Jägern über die Landwirtschaft bis hin zur
wahren Zivilisation – der kommerziellen, industriellen und
wissenschaftlichen Welt der Städte. Ein Ausdruck dieser Aufklärungsperiode
mit ihrem Fortschrittsoptimismus ist noch heute in der New Town von
Edinburgh zu sehen.
George Drummond, dem seinerzeitigen Bürgermeister, ist es zu
verdanken, dass sich das Bild der Stadt und deren Situation angesichts der
Übervölkerung der Altstadt derart drastisch veränderte. Bedeutende
Architekten wurden in Schottland tätig. Einer davon war
Robert Adam, der die Edinburgher Anlage um
Charlotte Square in der New Town konzipierte.
Der Schotte, der auf dem Gebiet der Ökonomie am weitesten wirkte, war
Adam
Smith (1723–1790). In seinem Werk Inquiry into the Nature and
Causes of the Wealth of Nations legte er die Annahme zugrunde, dass
die Menschheit einen natürlichen Hang zur Selbstverbesserung habe. Erlaube
man ihr, ihren natürlichen Bedürfnissen zu folgen, schaffe sie auch
ungewollt eine bessere Welt: reicher, freier und mit einer besseren
Ausbildung. Einzige Bedingung sei, dass die Regierungen sich nicht in den
Weg der sich entwickelnden Märkte stellen dürften.
Einige andere der herausragenden Persönlichkeiten der Schottischen
Aufklärung waren Schriftsteller und Poeten wie
Robert Burns (1759–96) und
Sir Walter Scott (1771–1832), Maler wie Allan Ramsay (1713–84) und
Henry Raeburn (1756–1823) oder Techniker wie
James
Watt (1736–1819). Viele Persönlichkeiten vollbrachten eine beachtliche
Reihe von Ersttaten, Entdeckungen und Leistungen auf den verschiedensten
Gebieten. Unter ihnen waren
James Clerk Maxwell (1831–79; Naturphilosoph und Physiker,
Elektrizität und Magnetismus),
Sir James „Young“ Simpson (1811–70; Anästhesie),
Joseph Lister (1827–1912; Antisepsis), die Schriftsteller
Robert Louis Stevenson (1850–94) und
Arthur Conan Doyle (1859–1930), der Afrikaforscher
David Livingstone (1813–73) und der Arzt
Alexander Fleming (1881–1955), der das
Penicillin entdeckte.
John Logie Baird (1888–1946) erfand das
Farbfernsehen.
Industrialisierung, irische Zuwanderung, Clearances
Die Wende zum 19. Jahrhundert war gleichzeitig eine Wende vom Agrar-
zum Industriestaat. Großbritannien wurde zum Modellfall der industriellen
Revolution. Diese Entwicklung erreichte Schottland und speziell die
Lowlands in den 1820er Jahren. Hand in Hand damit ging ein rapides
Bevölkerungswachstum. Eine Auswirkung der
Clearances (Räumungen) des Hochlands war, dass Zehntausende von
Hochländern in die Städte des Zentralgürtels strömten. Sie bildeten die in
den neu entstandenen Industriezentren beschäftigte Fabrikarbeiterschaft.
Schwierigkeiten bereitete die unterentwickelte Infrastruktur
Schottlands: Es gab nur sehr wenige Wege und Straßen. Wie in England
wurden daher ab Beginn des 19. Jahrhunderts in Schottland Kanäle gebaut,
die durch die wesentlich ökonomischeren Eisenbahnen allerdings sehr bald
überholt waren und an Bedeutung verloren. Die dann einsetzende
Zentralisierung der Industrie und die Erschließung von ertragreichen
Kohleflözen im südwestlichen Schottland waren die Faktoren, die zum
Aufstieg von Glasgow führten.
Mitte der 1840er Jahre wanderten auf der Flucht vor
Kartoffelfäule und Hungersnot Hunderttausende von Menschen aus Irland
ein. Notdürftige Behausungen wuchsen ohne jede Planung besonders um die
Fabrikanlagen Glasgows herum. Es kam mehrfach zu Epidemien, und
Typhus
und Cholera
dezimierten ganze Stadtteile. Trotzdem wuchs die Bevölkerung, sowohl
aufgrund weiterer Zuwanderungen als auch aufgrund der sich langsam
verbessernden Lebensbedingungen.
Nach seinem Aufstieg unter dem Einfluss des Reichtums der Tabakbarone
Mitte des 18. Jahrhunderts hatte Glasgow mit dem Verlust der Plantagen in
Virginia
einen dramatischen Niedergang erlitten. Mit der Industrialisierung wendete
sich das Blatt erneut. Um 1850 war Glasgow eine Arbeiterstadt, zuerst
aufgrund ihrer Werften und mit Aufkommen der
Eisenbahn als Hochburg des Lokomotivenbaus. Glasgow wurde nach London
zur zweiten Stadt des britischen Empire. Architekten wie
David Rhynd, die Burnets,
James Thomson,
Alexander „Greek“ Thompson, Honeyman und später
Charles Rennie Mackintosh hinterließen in dieser Metropole ihr
Vermächtnis.
Industrialisierung und der riesige Bedarf der zahlreichen Armeen kamen
der Woll- und der Nahrungsmittelproduktion zugute. So verhalfen
gewissermaßen die Schafe den Landbesitzern zu großem Vermögen.
Trotz des intensivierten Austauschs mit dem Süden war Schottland weit
entfernt davon, von England assimiliert zu werden. Dennoch schrieb Sir
Walter Scott 1814 als Postskriptum zu seinen Waverley-Novellen:
„Keine europäische Nation hat sich innerhalb nur eines halben Jahrhunderts
so total geändert wie dieses Königreich Schottland.“ Diesem Beitrag zum
Empire entsprach jedoch keineswegs der Grad seiner politischen
Partizipation. Im Parlament in London bildeten die schottischen
Abgeordneten nur eine kleine Minderheit, die Industriearbeiterschaft besaß
kaum Rechte der Selbstorganisation. Doch 1875 wurde den Gewerkschaften das
Existenz- und Streikrecht gesetzlich garantiert, 1885 entstand mit dem
Scottish Office ein eigenes Ministerium für Schottland.
Als Reaktion auf die Schattenseiten der Industrialisierung und
Verstädterung rückte besonders in England mehr und mehr die Sehnsucht nach
Natur und Landschaft in den Blickpunkt; Königin Viktoria war es vor allem,
die Schottland dabei für sich entdeckte und als urwüchsiges Reiseland
populär machte.
Arbeitskämpfe, Niedergang der Schwerindustrie, Autonomiestatus
Gedenktafel für Giuseppe del Grosso und 479 deutsche und 734
italienische Kriegsgefangene sowie 254 britische Soldaten und
200 Crewmitglieder, die am 2. Juli 1940 an Bord der
Arandora Star waren, die westlich von Colonsay auf dem Weg
nach Neufundland von
einem deutschen U-Boot versenkt wurde. 56
Besatzungsmitglieder, 91 Militärpolizisten und 713 Internierte
und Kriegsgefangene kamen ums Leben, 118 Besatzungsmitglieder,
109 Militärpolizisten und 586 Internierte und Kriegsgefangene
wurden gerettet.
Die industrielle Revolution hatte vor allem im Westen Schottlands eine
ausgedehnte Schwerindustrie und Schiffbauindustrie sowie eine zahlenmäßig
große Arbeiterklasse geschaffen. Vor dem
Ersten Weltkrieg lagen etwa ein Fünftel aller weltweiten
Schiffswerftkapazitäten in Schottland.
Der Friedensschluss nach dem Ersten Weltkrieg brachte für Schottland sehr
bald eine massive wirtschaftliche Depression, denn das Land hing von der
Schwerindustrie ab, und der internationale Wettbewerb wirkte sich aus.
Die Mehrheit der schottischen Arbeiterschaft war politisch
linksorientiert. Glasgow wurde politisch „rot“. 1929 kam es zu
Generalstreiks; zeitweise lag sogar Revolution in der Luft, und es drohte
der Einsatz von Militär. Auf dem Höhepunkt der Depression 1931 waren dann
65 % der Werftarbeiter am
Clyde arbeitslos. Weil sich die wirtschaftliche Situation in
Schottland immer weiter verschlechterte, wurde mit einigem Recht
angenommen, dass London die Lage durch Vernachlässigung schottischer
Belange verschlimmere. Der Ruf nach home rule, einer eigenständigen
Regierung, wurde in Schottland immer lauter. Die britische Regierung
setzte daraufhin 1928 einen Staatssekretär für Schottland mit dem Rang
eines Kabinettsmitgliedes ein. Im Zuge dieses ersten Schrittes in Richtung
devolution, der verwaltungsmäßigen Loslösung von London, wurde ihm
die Leitung der Bereiche Gesundheit, Landwirtschaft und Erziehung in
Schottland übertragen. Dieser Minister hatte seinen Sitz im
St Andrew’s House in Edinburgh.
Doch all das genügte nicht, um in Schottland den Wunsch nach
Eigenständigkeit zu unterdrücken. Ein markanter Ausdruck dessen war 1950
die symbolträchtige Entführung des
Stone of Destiny vom Krönungsstuhl in
Westminster Abbey nach Schottland. Bei den
Unterhauswahlen im Februar 1974 und im
Oktober 1974 gewann die 1934 entstandene autonomistische
Scottish National Party 22 bzw. 30 % der schottischen
Wählerstimmen und wurde damit zweitstärkste Partei. Unter dem Druck der
SNP stimmte die britische
Labour-Regierung einer Volksabstimmung über begrenzte Selbstbestimmung
zu. Dieses
Referendum zur Dezentralisierung wurde am 1. März 1979 abgehalten und
eine knappe Mehrheit von 51,6 % der Abstimmenden votierte dafür.
Allerdings waren dies weniger als 40 % der Wahlberechtigten; deshalb trat
das Gesetz nicht in Kraft.
Im September 1997 stimmten in einer
zweiten Volksabstimmung 74 % der Wähler für eine Teilautonomie
Schottlands (engl. devolution), aufgrund dessen am 6. Mai 1999 nach
300 Jahren wieder ein Parlament für Schottland gewählt wurde. Seine
Gesetzgebungskompetenzen erstrecken sich auf die Gebiete Gesundheitswesen,
Bildung, Kommunalrecht, Soziales, Wohnungswesen, Wirtschaftsentwicklung,
Justiz, Umwelt, Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft, Sport,
Kunst und Kultur und verschiedene Bereiche des Transportwesens. Einige
Teilbereiche dieser Kompetenztitel sind allerdings dem britischen
Zentralparlament vorbehalten. Das Parlament wählt einen Ersten Minister
(First Minister) als Leiter der schottischen Exekutive, die das
bisherige Scottish Office ersetzt und dem Parlament verantwortlich
ist. Der erste Amtsinhaber,
Donald Dewar, verstarb im Oktober 2000. Unter dem Ersten Minister
Alex Salmond fand am 18. September 2014 eine Abstimmung über die
Unabhängigkeit statt. Das
Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands wurde von 55,3 % der
Wähler abgelehnt.
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